von Heike Sieberns; Vikarin in Damnatz, Langendorf und Quickborn
Vögel der Sorge und des Kummers
Guckt euch die wilden Tiere an! Sie laufen zwischen parkenden Autos und springen durch Vorgärten. Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie haben weder Vorratskammern noch Scheunen, und Gott ernährt sie doch. Sie knabbern an Hecken und sie finden zu fressen.
(Bilder gelöscht)
In den letzten Wochen gingen Bilder und Videos von wilden Tieren um die Welt. Tiere, die wir aus Zoos kennen. Sie streiften plötzlich dort umher, wo sonst Menschen herumschlendern. Bergziegen standen vor Schaufenstern und in Vorgärten. Zwischen den Luxusvillen in Barcelona schauten sich Wildschweine um. Und in der Hauptstadt von Chile lief ein Puma zwischen parkenden Autos umher.
Die Straßen und Fußgängerzonen glichen mancherorts einer Geisterstadt. Auf die Straßen durften nur noch diejenigen, die einen triftigen Grund hatten. Diese erzwungene Ruhe merken nicht nur wir Menschen, sondern auch die Tiere. Eigentlich leben sie in den Wäldern und Wiesen am Rande der Stadt. Für Menschen gar nicht sichtbar. Laute Autos und Menschenmassen markieren den Bereich, in dem die Tiere keinen Platz haben. Zumindest bis vor kurzem. Jetzt wird plötzlich sichtbar, welche Tiere am Rand der Stadt leben. Kaum vorstellbar, dass ein Puma in der Nähe einer riesigen Großstadt leben kann. Was frisst der denn? Und was macht der den ganzen Tag? Vielleicht das Gleiche, wie eine Hauskatze: 19 Stunden am Tag schlafen.
Andere Tiere sind da, wo sie immer sind. So wie die Schildkröten an den Stränden in Brasilien. Allerdings sind sie zurzeit viel ungestörter als sonst. Die Schildkröten bauen deshalb nicht nur nachts ihre Nester, sondern auch über Tag. Die Eier konnten über Wochen ungestört liegen und nun schlüpfen unglaublich viele Schildkrötenbabys. Die Kleinen haben sich in Scharen aus dem Sand gebuddelt und auf den Weg ins Meer gemacht. Auch bei den Vögel auf den Ostfriesischen Inseln wurde so etwas beobachtet. Viel mehr Männchen und Weibchen als sonst finden sich zusammen und bauen ihre Nester.
Sie säen nicht, sie ernten nicht, sie haben weder Vorratskammern noch Scheunen, und Gott ernährt sie doch.
Die Tiere nutzen die besondere Situation. Sie sind neugierig. Sie erkunden die Ecken, die bisher voller Menschen waren. Die Paare finden leichter zusammen. Natürlich – es sind schließlich Tiere. Die haben nicht unsere Gedanken. Sie wissen auch nichts von einem Virus und folgen ihrem Instinkt. Sie leben in den Tag hinein und machen sich keine Sorgen um den nächsten.
Wer von euch kann dadurch, dass er sich Sorgen macht, sein Leben auch nur um eine Stunde verlängern? Wenn ihr also nicht einmal so etwas Geringfügiges fertigbringt, warum macht ihr euch dann Sorgen um all das Übrige?
Die Sorgen kommen ohne Aufforderung. Wir entscheiden nicht am Runden Tisch, dass wir jetzt gern Sorgen hätten. Sorgen und Ärgste überfallen uns. Sie sind plötzlich da und wir müssen einen Umgang damit finden. Denn leider führt der Weg nur selten an ihnen vorbei. Die Sorgen müssen angeschaut werden, damit wir sie gut händeln können. Sonst wachsen sie oder vermehren sich.
Dass die Vögel der Sorge und des Kummers über deinem Haupt fliegen, kannst du nicht ändern. Aber dass sie Nester in deinem Haar bauen, das kannst du verhindern.
Ein Puma mitten in einer Großstadt. Der ist nicht vom Himmel gefallen. Er muss zuvor im Umland gelebt haben. Kaum vorstellbar, wie er da genug zum Leben hatte. Aber dort ist sein Zuhause – sein Revier – dort lebt er.
Und ihr seid doch viel mehr wert als die wilden Tiere!
Die Tiere sind versorgt. Sie haben, was sie brauchen. Woran kann es uns schon fehlen?
Das siebenundfünfzigste kleine Licht.
Bleiben Sie behütet.
Ihre Vikarin Heike Sieberns
Das “kleine Licht” erscheint jeden Abend auf der Startseite von Evangelisch-im-Wendland.de und auf der Homepage der Kirchengemeinden Damnatz, Langendorf und Quickborn. Sie können diese Andacht, diesen Impuls oder Gedanken gut in ein Abendgebet einbauen. In Damnatz, Langendorf und Quickborn läuten dazu jeden Abend von 19.15 bis 19.20 Uhr die Glocken. Für das Abendgebet können Sie eine Kerze anzünden. Die Kerze können Sie danach um 19.30 Uhr auf ein Fensterbrett in Richtung Straße stellen. Das ist ein Zeichen der Hoffnung, dass sich zur Zeit ganz viele Menschen in Lüchow-Dannenberg gegenseitig geben.
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