Angedacht: Letzte und Erste

Worte zur Besinnung – EJZ 28.01.2023 – Michael Ketzenberg, Breselenz, Pastor in Lüchow und Plate

Letzte und Erste

Man kommt ganz durcheinander. Jesus sagt an einer Stelle: Die Ersten werden die Letzten sein – und die Letzten die Ersten. Und er meint damit, was im Reich Gottes wichtig sein wird: Wenn jemand sich selbst in den Mittelpunkt stellt, dann wird das keinen Bestand haben. Sondern die, die keine Beachtung finden, die sind ihm wichtig. Das ist eine echte Hoffnung für alle, die im Leben keine Hoffnung sehen. So weit, so gut. Was ist aber mit denen, die sich selbst „Letzte“ nennen – und sich aber gerade damit in den Mittelpunkt stellen?  Zunächst vorweg: Ich habe großen Respekt vor allen, die sich für die gute Sache einsetzen. Die ihre Verantwortung für die Welt, für die Schöpfung, für die Gesellschaft ernst nehmen. Die „Letzte Generation“ hat einleuchtende und notwendige Absichten. Und ich lerne von ihnen, dass auch ich mich verantwortlicher verhalten muss als ich es bisher vielleicht getan habe. Sie hält mir den Spiegel vor, weil auch ich zu der Generation gehöre, die durch Änderung ihres Verhaltens ihre Verantwortung bewusster wahrnehmen sollte.

Jesus bringt mit seiner Aussage zu den Letzten und Ersten die Dimension des Gottesreiches in unser Handeln, die uns auch demütig machen muss: Egal, was wir tun – wir entscheiden nicht, wer Erster und wer Letzter ist. Wir haben es nicht in der Hand, was am Ende sein wird. Diese Erkenntnis wird Selbstüberschätzung entlarven. Wir können und müssen verantwortlich unsere Welt gestalten. Aber wir verantworten weder ihren Anfang noch ihr Ende, wir verantworten nicht ihr Ziel. Denn das liegt in der Hand dessen, der uns alle in der Hand hält. Der am Ziel entscheiden wird, wer Erster und wer Letzter ist. Dessen Reich größer und mehr ist als die Welt, die wir vor Augen haben. Das bedeutet bei weitem nicht, dass wir die Hände in den Schoß legen sollten, es bedeutet aber auch nicht, die Hände irgendwo festzukleben – sondern es bedeutet, dass wir zuallererst unsere Hände öffnen sollten für das, was er dort an Verantwortung hineinlegt, und dass wir in seine Hände geben sollten, was außerhalb unserer Verantwortung liegt. Der christliche Glaube bekennt, dass Gott irgendwann einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen und das das „Alte“ ein Ende haben wird. Aber so lange wir nicht wissen, wie und wann das sein wird, sollten wir alles dafür tun, diese alte Erde zu bewahren, so gut wir es nur können.

So weit, wie Selbstüberschätzung und Gottvertrauen auseinander liegen, so eng liegen Demut und Verantwortung beieinander. Letzte werden Erste sein – und nicht wir entscheiden, wer nun was ist. Die Dimension des Gottesreiches bewahrt davor, sich absolut zu setzen und alles von sich abhängig zu machen – und auch davor, andere zu verurteilen. Nicht die, die auf die Straße gehen. Und auch nicht die, die die freiwilligen 80 km/h auf der Straße nicht einhalten.

Das Gottesreich bringt ganz durcheinander.