Blödeschafekriegenimmerextrawürste – Gottesdienst in Quickborn und Langendorf am 3. Sonntag nach Trinitatis

Musik zum Beginn

Der Menschensohn ist gekommen, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist. Lukas 19, 1

Eine/r:Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Alle: Amen.

Eine/r: Unsere Hilfe kommt von Gott, unserem Herrn, Alle: der Himmel und Erde gemacht hat.

Psalm 103: Lobe den Herrn, meine Seele! Und alles in mir preise seinen heiligen Namen! Lobe den Herrn, meine Seele! Und vergiss nicht das Gute,das er für dich getan hat! Er vergibt dir alle deine Sünden. Er heilt alle deine Krankheiten. Er führt dein Leben aus der Todesnähe. Er schmückt dich mit einer Krone – sie besteht aus Güte und Barmherzigkeit. Er versorgt dich mit Gutem dein Leben lang. So fühlst du dich jung wie ein Adler. Der Herr schafft Gerechtigkeit. Allen Unterdrückten verhilft er zum Recht. Er hat Mose seine Wege offenbart und den Israeliten seine Taten. Reich an Barmherzigkeit und Gnade ist der Herr, unendlich geduldig und voller Güte. Er liegt nicht ewig mit uns im Streit und ist nicht für immer böse mit uns. Er straft uns nicht, wie wir es verdienen, und unsere Sünden zahlt er uns nicht heim. So hoch, wie der Himmel über der Erde steht, so weit reicht seine Güte. Sie umfasst alle, die zu ihm gehören. So fern, wie der Osten vom Westen ist, so weit rückt er unsere Vergehen von uns weg. Wie ein Vater seinen Kindern mit Güte begegnet, so barmherzig handelt der Herr an denen, die zu ihm gehören.

Alle sprechen: Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Einer: Kyrie eleison. Alle: Herr, erbarme dich.

Einer: Christe eleison. Alle: Christe, erbarme dich.

Einer: Kyrie eleison. Alle: Herr, erbarm dich über uns.

Eingangsgebet: Lieber Gott, wir wollen Fehler nicht immer nur bei anderen suchen. Nachsicht nicht immer nur für uns erwarten. Zufrieden sein, auch wenn andere deine Hilfe dringender brauchen. Lass uns deine Gerechtigkeit erkennen, die die Kleinen und die Schwachen zuerst sieht. Alle: Amen

Lied EG 353: Jesus nimmt die Sünder an. / Saget doch dies Trostwort allen, /welche von der rechten Bahn / auf verkehrten Weg verfallen. /Hier ist, was sie retten kann: / Jesus nimmt die Sünder an.

Wenn ein Schaf verloren ist, / suchet es ein treuer Hirte. / Jesus, der uns nie vergisst, / suchet treulich das Verirrte, / dass es nicht verderben kann: / Jesus nimmt die Sünder an

Lesung des Predigttextes : Lukas 15, 1-7 Es nahten sich ihm aber alle Zöllner und Sünder, um ihn zu hören. Und die Pharisäer und die Schriftgelehrten murrten und sprachen: Dieser nimmt die Sünder an und isst mit ihnen.

Er sagte aber zu ihnen dies Gleichnis und sprach: Welcher Mensch ist unter euch, der hundert Schafe hat und, wenn er eines von ihnen verliert, nicht die neunundneunzig in der Wüste lässt und geht dem verlorenen nach, bis er’s findet? Und wenn er’s gefunden hat, so legt er sich’s auf die Schultern voller Freude. Und wenn er heimkommt, ruft er seine Freunde und Nachbarn und spricht zu ihnen: Freut euch mit mir; denn ich habe mein Schaf gefunden, das verloren war.

Ich sage euch: So wird auch Freude im Himmel sein über einen Sünder, der Buße tut, mehr als über neunundneunzig Gerechte, die der Buße nicht bedürfen.

Glaubensbekenntnis: Wir glauben an Gott, den himmlischen Vater, den Schöpfer der Welt, der uns geschaffen hat, damit wir Leben erhalten, Frieden entwickeln und Sorge tragen, für den Bestand der Erde, weil die Menschen dieser Welt zusammengehören in Gleichheit und Gerechtigkeit.

Wir glauben an Jesus Christus, unseren Herrn, geboren als Mensch in Israel von Maria, erwählt, mit seinem Leben die Nähe Gottes zu bezeugen. Er verkündete den Gefangenen Freiheit, den Blinden, dass sie sehen, den Unterdrückten und Armen Befreiung. Er litt, wurde gefoltert und getötet am Kreuz mit Gewalt von den Mächtigen unter Pontius Pilatus und wurde auferweckt zum Leben und zur Hoffnung für alle.

Wir glauben an den Heiligen Geist, die Kraft des neuen Lebens in Jesus Christus, der auch uns und alle Verhältnisse ändert, der uns reich macht im Glauben und der uns sendet mit dem Ziel, allen Menschen Hoffnung zu bringen auf einen neuen Himmel und eine neue Erde. Amen.

Lied EG 324: 1) Ich singe dir mit Herz und Mund, / Herr, meines Herzens Lust; / ich sing und mach auf Erden kund, / was mir von dir bewusst.

2) Ich weiß, dass du der Brunn der Gnad / und ewge Quelle bist, / daraus uns allen früh und spat / viel Heil und Gutes fließt.

15) Was kränkst du dich in deinem Sinn / und grämst dich Tag und Nacht? / Nimm deine Sorg und wirf sie hin / auf den, der dich gemacht.

17) Er hat noch niemals was versehn / in seinem Regiment, / nein, was er tut und lässt geschehn, / das nimmt ein gutes End.

Predigt: Das sind jetzt die letzten Wochen von Frau Glässner hier an der Schule. Mit Beginn der Sommerferien geht sie in Pension. Fast 40 Jahre lang hat sie den Schülerinnen und Schülern am Gebrüder-Grimm-Gymnasium Bio und Chemie beigebracht. Auf ihre letzten Tage dort blickt sie viel zurück. „Unterm Strich war ich eine gute Lehrerin“, denkt sich Susanne Glässner. Bei all dem Stress hat sie ihre Arbeit doch gern gemacht. Auch mit den Kolleginnen und Kollegen hat sie sich gut vertragen. Wenigstens mit den meisten.

Aber es gab auch Ärger: „Die Glässner hätte mal lieber gleich Sozialarbeiterin werden sollen“, hatte eine Kollegin mal geätzt. Und ein Elternvertreter hatte sich mal bei der Schulleitung beschwert: „In Ihrem Engagement für die leistungsschwachen und problematischen Schüler kommen die leistungsstarken und willigen Schüler oft zu kurz“. Zwei Vorwürfe, die gesessen hatten. Und die Susanne Glässner tief verletzt, aber auch zum Nachdenken gebracht haben.

0 Jahre an der Schule. Das heißt, hunderte von Jungen und Mädchen sind in dieser Zeit durch ihren Bio- und Chemieraum gegangen. Etliche dieser Kinder haben inzwischen sogar schon eigene Kinder, die Susanne Glässner unterrichtet hat. Frau Glässner hat sich große Mühe gegeben, jedem einzelnen Kind gerecht zu werden. So weit man das im Schulalltag überhaupt machen kann. Sie hat sich bemüht, jedes Kind gleich zu behandeln. Denn sie dachte am Anfang, so wäre das gerecht.

Aber mit der Zeit fiel ihr Folgendes auf: Ein großer Teil der Schülerinnen und Schüler kam ganz gut auch ziemlich alleine klar. Sie passen auf, sie lernen, sie machen ihre Aufgaben. Sie machen vor allem niemals irgendwelchen Ärger. Natürlich brauchen auch diese Schüler eine Lehrerin, die für sie da ist. Aber die meiste Zeit laufen diese Kinder einfach so mit. Und da sind die Schülerinnen und Schüler, die einfach grundsätzlich mehr Aufmerksamkeit brauchen. Die es alleine oder aus eigener Kraft oder nur mit Hilfe ihrer Familien niemals schaffen würden.

Da war zum Beispiel Marc, der in der 9. an Leukämie erkrankt war. Natürlich hatten alle seine Lehrer Aufgaben für Marc gestellt. Und sie hätten ihm am Telefon Hilfestellung gegeben, wenn er in der Klinik oder krank zu Hause gelegen hat. Aber Susanne Glässner ist selber zu ihm nach Hause oder ins Krankenhaus gefahren. Sie hat nach ihm gesehen und sogar mit ihm geübt. Bio und Chemie natürlich, aber selbst bei Mathe hat sie ihm geholfen.

Oder als Viviane mit 16 plötzlich ein Kind erwartete. Ihre Eltern wollten sie von Gymnasium runter nehmen. Das Abi könnte sie sich jetzt ja jetzt sowieso abschminken. Susanne Glässner hat mit den Eltern geredet und mit Viviane einen Arbeitsplan entwickelt. Sie hat Hilfe vom Jugendamt und eine Betreuung organisiert. So musste Viviane letztlich noch nicht einmal die Klasse wiederholen.

Güllistan, die als erste ihrer ganzen Familie eine höhere Schule besuchte. Susanne Glässner hat den Eltern gut zugeredet, dass ihre Tochter begabt und intelligent sei. Dass sie aber auch Zeit fürs Lernen und ihre Hausarbeiten haben müsste. Deshalb könne sie nicht immer auf ihre Geschwister aufpassen, wie ihre Eltern das eigentlich erwarteten.

Jan, der mit einem Päckchen Marihuana auf dem Schulhof erwischt wurde. Susanne Glässner hat dafür gekämpft, dass er nicht sofort von der Schule geflogen ist. Sie hat gesehen, dass der Junge sich so wieder fangen könnte. Und dass er an einer neuen Schule ohne seine vertraute Umgebung wohl erst recht den Halt verlieren würde.

Und sie könnte noch viele weitere Namen von solch speziellen Schülerinnen und Schülern nennen. Und von ihren besonderen Schicksalen. Alle ein mehr oder wenig ein bisschen abseits von dem gerade, einfachen und leichten Weg.

Frau Glässner denkt zurück: Tatsächlich sind ihr vor allem die Schülerinnen und Schüler im Gedächtnis, um die sie als Lehrerin kämpfen musste. Die, die es schwerer hatte als andere. Die sich verrannt hatten. Die auf Abwege geraten waren. Und mit besonderem Stolz erfüllten sie gar nicht unbedingt die Schülerinnen und Schüler mit den besten Abi-Noten. Die, die sowieso schon ihren Weg gegangen wären. Stolz machten sie viel mehr die Kinder, die man doch eigentlich schon abgeschrieben hatte. Und die es dann irgendwie doch und teilweise auch nur mit Ach und Krach geschafft haben.

Aber ist das so eigentlich gerecht gewesen? Wäre es denn nicht besser gewesen, den braven und den guten Schülern mehr Aufmerksamkeit zu schenken? Ich meine, die sorgen ja schließlich dafür, dass in der Klasse der Unterricht überhaupt voran geht. Insofern kann sie den Ärger des Elternvertreters schon verstehen. Aber Frau Glässner vertritt eben eine andere Art von Gerechtigkeit. Nicht, dass immer und überall jeder gleich viel kriegt. Oder dass die Guten zusätzlich auch noch belohnt werden. Frau Glässner achtet zuerst darauf, dass jeder genug hat, um nicht verloren zu gehen. Und das ist eben nicht sozialarbeitermäßig. Das fühlt sich für Frau Glässner einfach nur richtig an.

Liebe Gemeinde, alle sind ja für Gerechtigkeit. Ich kenne keinen, der für Ungerechtigkeit auf die Straße gehen würde. Trotzdem gibt es immer wieder Streit um dieses Thema. Alle sind für Gerechtigkeit und trotzdem wird man sich nicht einig. Das liegt unter anderem daran, dass es einfach zwei, wenn nicht sogar drei oder noch mehr Formen von Gerechtigkeit gibt. Und worüber die alte Lehrerin, Frau Glässner, da nachdenkt, damit musste sich schon Jesus vor 2000 Jahren beschäftigen.

Damals wurde Jesus dabei ausgerechnet von den besonders frommen Menschen angegriffen. Von Leuten, die sich das Thema Gerechtigkeit ja eigentlich mit besonders großen Buchstaben auf ihre Fahnen geschrieben haben. Sie beschwerten sich bei Jesus: „Warum gibst du dich so viel mit Leuten ab, die kein gutes Leben führen? Warum triffst du dich mit Sündern und mit Zöllnern?“ Und vielleicht dachten sie dabei: „Warum nimmst du dir nicht mehr Zeit für uns?“

Gerechtigkeit bedeutete für die Frommen damals nämlich: Halte dich genau an die Gebote. Befolge die Regeln, die Gott aufgestellt hat, ohne jede Ausnahme und ganz genau. Die Pharisäer und die Schriftgelehrten waren so was wie die Musterschüler Gottes. Welche, die so gut wie nie einen Fehler machten.

Jesus antwortete ihnen mit einem Gleichnis, das damals jedem sofort einleuchtete: „Was machst du, wenn du 100 Schafe hast und eins ist dir verloren gegangen? Hakst du das ab und sagst du: 99 Schafe sind ja auch ganz schön? Nein! Du machst dich auf die Suche nach dem einen Schaf, das weg ist!“

Und das kann ich sehr gut nachvollziehen. Auch ohne Schafe. Das Gefühl, etwas verloren zu haben, das macht mich verrückt. Wenn zum Beispiel mein Autoschlüssel weg ist, dann muss ich den suchen. Dabei hätte ich zur Not ja sogar noch einen zweiten. Und eigentlich weiß ich ja auch: Weit weg kann der nicht sein und normalerweise taucht der bald von alleine wieder auf. Aber nein, ich kremple jede Hosentasche um, ich suche in jeder Jacke, in jeder Tasche, am Schlüsselbrett, auf der Anrichte, auf der anderen Anrichte, auf dem Schreibtisch, in meinem Bücherregal. Das gleiche ist, wenn ich meine Armbanduhr nicht finde oder meine Brille. Dabei habe ich auch die alle zweimal. Und wehe, wenn ich meine Predigt schreiben muss oder E-Mails beantworten oder irgendetwas vorbereiten. Dann komme ich echt in Druck. Ich kann mich überhaupt nicht konzentrieren, wenn mein Schlüssel weg ist. Das ist, wie wenn es dich irgendwo juckt, wo du dich nicht kratzen kannst.

Und was für eine Erleichterung und welche Freude, wenn du den Autoschlüssel dann endlich gefunden hast. Auf dem Tisch im Pfarrbüro oder hinter der Zahnbürste im Badezimmer. Irgendwo da, wo ich ihn mal eben schnell abgelegt hatte, ohne nachzudenken. Was für eine Freude, aber ja natürlich nicht über meinen zweiten Autoschlüssel, der brav am Schlüsselbrett gehangen hat, wo er hingehört. Sondern über diesen blöden Autoschlüssel, der mir so viel Scherereien bereitet hat.

Könnt ihr das so nachvollziehen? Ist es bei euch so ähnlich? Bei den Pharisäern war es jedenfalls genau so. Nur eben mit Schafen. Denn so handelt einer, der eine Schafherde besitzt: 99 brave, ordentliche Schafe machen alles richtig und werden von dem Hirten eine Zeit sich selbst überlassen. Und der Hirte kümmert sich erst mal nur um das eine Schaf, das sich verlaufen hat. Und als er es wiedergefunden hat, dann freut er sich darüber. Und zwar mehr als über die 99 vernünftigen Schafe. Die, die einfach da waren, wo sie sein sollten. Bei Schafen oder mit Autoschlüsseln ist das scheinbar so.

Aber bei Menschen erscheint mir das irgendwie auch ungerecht. Nicht nur, dass nicht alle Schafe oder Leute die gleiche Aufmerksamkeit bekommen. Im Gegenteil: Das Schaf, das sich besonders bescheuert verhalten hat, wird anschließend auch noch belohnt und besonders bejubelt. Das ist natürlich starker Tobak für alle braven Schafe und für alle guten Leute!

Für Jesus zählt da offensichtlich eine andere Gerechtigkeit als für die Pharisäer: Gerecht ist für Jesus, wenn jeder Mensch die Hilfe und Unterstützung bekommt, die er nötig hat. Die er braucht, um im Leben klar zu kommen. Jesus will, dass um jeden einzelnen Menschen gekämpft wird. Damit kein einziger verloren geht.

Und dabei brauchen die vermeintlich guten Menschen dann eben weniger Unterstützung als die Menschen, die auf Abwege geraten sind. Dann muss man sich um die Schülerinnen und Schüler mehr kümmern, die Probleme haben oder die selber Probleme machen. Oder um die Zolleintreiber, die als Außenseiter leben und die anständigen Leute ausnehmen und betrügen. Oder um Prostituierte, die auf die schiefe Bahn geraten sind. Jugendliche, die was ausgefressen haben oder die die Schule schwänzen. Typen, die keinen richtigen Beruf haben und die sich mit Diebstahl und Betrügereien durchschlagen. Das sind alles nicht unbedingt die wirklich netten Leute. Und das ist selten mal so, dass solche Menschen schnell und gleich auf Anhieb wieder auf einen guten Weg geraten. Da brauchst du Geduld, einen langen Atem und ein dickes Fell. Und du darfst dich von Rückschlägen nicht entmutigen lassen.

Und das kostet Zeit und heutzutage auch viel Geld, einen Jungen wieder von der Straße zu holen. Oder aus der Sucht. Oder aus einer Verbrecherkarriere. Und auch heute maulen viele Leute und wollen da lieber sparen und fragen sich: Warum ist Geld für missratene Jugendliche da und bei uns auf dem Sportplatz gibt es kein Geld für neue Netze? Oder mal einen Zuschuss für einen Ausflug von der Jugendfeuerwehr? Und natürlich ist das nicht in Ordnung. War es auch damals nicht von den Pharisäern, die sich beschwert hat, dass Jesus Zöllner, Außenseiter und Abgeschriebene zurück in ein normales, erfülltes Leben holen wollte. Das ist nicht in Ordnung. Einerseits.

Es ist aber auch nicht in Ordnung, dass bei uns in Deutschland die Schwachen gegen die Schwachen ausgespielt werden. Das machen die Rechten sowieso oft und mit Hingabe: Hass und Neid schüren auf Flüchtlinge, Migrantinnen und Migranten, Muslime und Muslimas. Als würde es armen deutschen Ureinwohnern schon deshalb besser gehen, wenn man wenigstens noch auf anderen rumhacken kann. Sich überlegen fühlen gegenüber denen, die nicht schon in der vierten, fünften Generation oder seit Menschengedenken in Deutschland leben. Aber dieser Hass, diese Spaltung bringt ja nichts. Es macht alles immer nur noch schlimmer. Statt dass die Rechten Probleme lösen, machen sie noch ein paar dazu.

Doch es gibt inzwischen auch auf der linken Seite solch eine bräsige Überheblichkeit. Es ist eben nicht egal, wenn der Sportverein kein Geld für neue Netze hat. Oder wenn die kleine Verkäuferin auf einmal denkt, dass sich niemand mehr um ihre Probleme kümmert. Ob sie einen vernünftigen Lohn erhält. Moralische Überheblichkeit findet man immer mehr auf der gut situierten, gut ausgebildeten linken Seite. Und wie muss das für einen 58 Jahre alten Krankenpfleger mit kaputtem Rücken klingen, dass er als alter, weißer Mann ja zu den Gewinnern dieses Systems gehört. Oder einem Maurer, Klempner, Lagerarbeiter.

Es gehört zum Grundproblem der modernen Pharisäerinnen und Pharisäer heute wie von den Pharisäern damals, dass sie die Sünder und die Zöllner immer auf der anderen Seite gesehen haben. Und sich selbst natürlich auf der guten Seite. Heute genau wie vor 2000 Jahren. Dabei hätte Jesus von seinen Ansichten, von seiner Lehre und von seiner ganzen Lebensweise her am ehesten selbst bei der Gruppe der Schriftgelehrten und der Pharisäer gehört. Die waren in der Sache gar nicht weit auseinander.

Nur dass es Jesus in seinem Glauben und in seiner Botschaft eben nicht ums Prinzip ging. Sondern immer um jeden einzelnen Menschen. Und dass ist die Gefahr, die auf alle vermeintlich guten Menschen lauert. Dass sie irgendwann das Maß und die Orientierung verlieren. Dass es bei ihnen aufhört, um Menschen zu gehen. Sondern nur noch ums Prinzip.

Und dann gnade uns Gott: Eine Gerechtigkeit, die nicht jeden einzelnen Menschen ansieht, die kann gnadenlos werden. Das ist die Gerechtigkeit der Fanatiker und Fundamentalisten. In deren Namen können Leid und Unheil geschehen. Und jeder muss sich prüfen und jeder ist in Gefahr. Und gerade diejenigen, die es besonders ernst meinen mit der Gerechtigkeit, die sollten immer wieder genau hinsehen: Habe ich die einzelnen wirklich richtigen Menschen noch im Blick? Und passt das noch, was ich sage und was ich denke? Passt meine Gerechtigkeit noch mit der Liebe zu meinen Mitmenschen zusammen oder geht das auseinander? Denn die Pharisäer von damals brauchen uns heute nicht mehr zu interessieren. Unsere Pharisäer heute hingegen schon. Amen.

Musik nach der Predigt

Abkündigungen und Totengedenken

Lied JL 171 mit Gitarre: [Ref:]Herr, wir bitten: Komm und segne uns; lege auf uns deinen Frieden. / Segnend halte Hände über uns. / Rühr uns an mit deiner Kraft.

1.) In die Nacht der Welt / hast du uns gestellt, / deine Freude auszubreiten. / In der Traurigkeit, / mitten in dem Leid, / lass uns deine Boten sein. [Refrain]
2.) In den Streit der Welt / hast du uns gestellt, / deinen Frieden zu verkünden, / der nur dort beginnt, / wo man, wie ein Kind, / deinem Wort Vertrauen schenkt. [Refrain]
3.) In das Leid der Welt / hast du uns gestellt, / deine Liebe zu bezeugen. / Lass uns Gutes tun / und nicht eher ruhn, / bis wir dich im Lichte sehn. [Refrain]

Fürbittengebet (Quelle: brot-fuer-die-welt.de): Lieber Gott, du suchst Menschen, die sich verloren haben und du bringst sie ins Leben zurück. Heute am Weltflüchtlingstag beten wir für die Menschen, die aus ihrer Heimat fliehen mussten. Du kennst ihre Lebensgeschichten von Mutterleibe an. Du weißt, was sie durchmachen mussten, um Gewalt und Verfolgung zu entkommen. Du hast sie begleitet auf der Suche nach einer menschenwürdigen Umgebung. Wir bitten Dich, ermutige sie, in ihrer neuen Heimat Wurzeln zu schlagen. Lass aus Fremden Freundinnen und Freunde werden. Verbinde alle Menschen in immer neuen lebenswerten Formen der Gemeinschaft. Lasst uns den Herrn anrufen: Herr, erbarme dich.

Dankbar feiern wir den 70. Jahrestag der Genfer Flüchtlingskonvention: Wir danken für die Rechte und Schutzräume, die sie eröffnet hat! Segne Politikerinnen und Politiker, die weltweit für die Menschenrechte der Flüchtlinge eintreten und noch viel mehr erreichen wollen, als bis heute gesichert ist. Besonders bitten wir für alle Flüchtlinge, die gerade jetzt, während wir beten, in höchster Not sind. Sei mit Deiner Kraft bei ihnen. Bewahre ihre Hoffnung und ihre seelische Stärke in den elenden Zuständen auf der Flucht und in Aufnahmelagern. Lasst uns den Herrn anrufen: Herr, erbarme dich.

Segne Helferinnen und Helfer, die ihnen beistehen und ihre Würde bewahren. Beflügle unsere Sehnsucht, Heimat zu gestalten, als Ort, an dem sich zu leben lohnt, weil Gerechtigkeit und Friede sich küssen. Lasst uns den Herrn anrufen: Herr, erbarme dich.

Alle : Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Eine/r: Und nun geht hin im Frieden des Herrn!

Segen: Der HERR segne dich und behüte dich. Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei der gnädig. Der HERR erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden. Amen.

Musik zum Abschluss