Fassungslos (12. Kalenderwoche)

Fassungslos

Menschen verlieren die Fassung und man kriegt sich nicht wieder ein. Und das, was man in solchen Momenten ganz und gar nicht braucht, ist, wenn jemand dann sagt: nun reg dich mal nicht so auf. Oder wenn jemand einem dann, was erklären will. Sieh mal, das ist doch so und so.
Menschen verlieren die Fassung und haben Mühe, sich wieder zu fassen. So schlimm ist die Nachricht. So schlimm ist der Anblick. Da fehlen einem die Worte. Hiobsbotschaften.
Da fehlen einem die Worte und guter Glaube. Weil alles keinen Sinn macht.

Hiob, das ist das Buch im Alten Testament, in dem von Gott und dem Leid der Menschen die Rede ist. Und davon, wie die guten Freunde dem Hiob zu Feinden werden, weil sie das Leid, das Hiob getroffen hat, ihm erklären wollen. Sie wollen seinem Leiden einen Sinn geben. Gott ist für sie die Antwort auf das große Leid, das Hiob getroffen hat. Alle möglichen Antworten werden in dem Buch durchbuchstabiert. Hiob wischt alles beiseite. Gott ist nicht die Antwort auf das Leid der Menschen. Leiden hat keinen Sinn, auch keinen himmlischen. Leid ist Leid und zu nichts gut. Schreibt das auf, meine Freunde. Schreibt nicht eure Vertröstungen auf. Schreibt das Leiden auf! Hört das doch, meine Freunde. Hört mir doch zu. Die Freunde spekulieren weiter bis sie auch nicht mehr weiterwissen. 7 Tage sitzen sie am Ende da bei Hiob und haben nichts mehr, was sie ihm Tröstliches sagen könnten.

Hiob rechnet mit Gott ab. Klagt, brüllt, schmeißt seinen Glauben hin, wirft alles Gott vor die Füße. Irgendwann ist er mit Gott fertig. So richtig fertig. Und dann, aber erst dann und danach und dadurch, sagt er zu seinen Freunden: Ich weiß, dass mein Erlöser lebt. Und meine Augen werden ihn sehen – nicht als Feind.

Was weiß ein leidender Mensch von Gott? Woran glaubt er?

 

Pastorin Susanne Ackermann
St. Johannis Dannenberg
12. Kalenderwoche