Kai geht noch mal rein
Wie üblich bekommt Ihr am Montag eine alte Radioandacht von NDR1 Niedersachsen präsentiert. Diese Andacht wurde am Freitag, dem 5. Oktober 2012 in der Reihe „Himmel und Erde“ gesendet.
Es ist zugleich ein Dank und ein Gruß an all die tollen Männer und Frauen von der Freiwilligen Feuerwehr, die in der Nacht von Freitag auf Samstag bei uns in der Dorfstraße den Brand gelöscht haben. Aber auch überhaupt an alle Feuerwehrleute, die überall und meistens ehrenamtlich ihren wichtigen Dienst tun. Danke!
Hier ist noch mal der geschriebene Text.
„Sieh, ich habe dir geboten, dass du getrost und unverzagt seist. Lass dir nicht grauen und entsetze dich nicht, denn der Herr, dein Gott, ist mit dir in allem was, du tun wirst.“
Auf der Rückseite des Hauses schlagen die Flammen aus dem Fenster vom zweiten und vom dritten Stock. Das Treppenhaus ist unpassierbar. Die meisten Mieter sind vorher noch raus gekommen. Nur die Familie ganz oben hat sich aufs Dach geflüchtet. Vater, Mutter und ein kleiner Junge. Endlich kann die Drehleiter ausgefahren werden. Kai sammelt alle drei ein. Sie haben Panik in den Augen.
„Meine Tochter, meine Tochter“ fleht der Mann, „ich hab sie nicht gefunden. Sie war nicht in ihrem Bett!“ „Scheiße,“ denkt sich Kai. Er weiß, wenn´s brennt verstecken sich Kinder einfach irgendwo. Geben keinen Laut. Wahrscheinlich ist der Vater direkt an ihr vorbeigelaufen, doch er sah nur – das Bett ist leer.
Die Familie muss raus aus dem Korb. Heiner, Uwe steigen mit ein. Fahren mit Kai wieder hoch. Eigentlich darf schon keiner mehr in die Wohnung. Es ist lebensgefährlich. Aber da ist noch ein Kind. Ein kleines Mädchen. Da hast du keine Wahl.
„Heiner und ich gehn rein.“ Uwe nickt. Die beiden nehmen den Schlauch und rücken vor. Überall ist Rauch. Er quillt vom Treppenhaus unter der Wohnungstür hindurch. Im Flur ist oberhalb eines Meters alles voller Qualm. Nur am Boden siehst du noch was. Kai schwitzt unter seinem Atemschutz. Er kann das Feuer hören. Noch nie in seinem Leben hatte er so eine Angst. Ein Stoßgebet, dann handelt er, so wie er es gelernt hat. Heiner ist dicht hinter ihm.
Die linke Tür führt in ein Jungszimmer. Kai geht weiter. Im nächsten Zimmer liegen Kuscheltiere und eine Puppe auf dem Boden. Bingo! Das Bett ist tatsächlich leer. Auch unterm Bett ist niemand. Dann hoffentlich im Kleiderschrank. Und wirklich: Ein kleines Mädchen mit wuscheligen braunen Haaren sieht ihn an.
Kai schnappt sich das Kind und ab die Post. Auf den Knien unter dem Rauch durch krabbeln die Feuerwehrleute mit dem Mädchen zurück zum offenen Fenster. Uwe nimmt erst die Kleine, dann seine Kameraden in Empfang. Schnell wieder runter.
Uwe sagt kein Wort. Er klopft Kai auf die Schulter. Wieder, wieder und wieder. Unten die Menge johlt den Rettern zu. Und Kai lacht und Kai weint.
„Sieh, ich habe dir geboten, dass du getrost und unverzagt seist. Lass dir nicht grauen und entsetze dich nicht, denn der Herr, dein Gott, ist mit dir in allem, was du tun wirst.“
Das fünfundfünfzigste kleine Licht.
Bleiben Sie gesund oder werden Sie gesund.
Ihr Pastor Jörg Prahler
Das “kleine Licht” erscheint jeden Abend auf der Startseite von Evangelisch-im-Wendland.de und auf der Homepage der Kirchengemeinden Damnatz, Langendorf und Quickborn. Sie können diese Andacht, diesen Impuls oder Gedanken gut in ein Abendgebet einbauen. In Damnatz, Langendorf und Quickborn läuten dazu jeden Abend, außer am Wochenende von 19.15 bis 19.20 Uhr die Glocken. Für das Abendgebet können Sie eine Kerze anzünden. Die Kerze können Sie danach um 19.30 Uhr auf ein Fensterbrett in Richtung Straße stellen. Das ist ein Zeichen der Hoffnung, dass sich zur Zeit ganz viele Menschen in Lüchow-Dannenberg gegenseitig geben.
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