Worte zur Besinnung EJZ am 09.07.2022
Michael Ketzenberg, Breselenz – Pastor in Lüchow und Plate
Schützen?!
Ob die Schützen heute noch schützen ist fraglich. Früher haben sie das mal getan – eine Art
Bürgerwehr im Mittelalter. Heute würde man ihr Engagement Zivilcourage nennen. Nein, Schützen
schützen heute nicht mehr wirklich. Aber sie pflegen Traditionen. Dazu gehören die Schützenfeste. In
diesem Jahr umstritten – nicht unbedingt wegen Corona, da ging ja was. Aber wegen des Krieges im
Osten Europas. Und man hat kritisch gefragt: Gehört es sich, in dieser Zeit Waffen zu tragen und
Uniformen anzuziehen? Und ich sage: Nein! Wenn Waffen dazu da sind, Leben zu vernichten, gehört
es sich überhaupt nicht, nicht heute, auch nicht zu anderen Zeiten und auch in Zukunft nicht, sie zu
tragen. Und: Nein! Wenn Uniformen Macht und Überlegenheit anderen gegenüber symbolisieren,
gehört es sich überhaupt nicht, nicht heute, auch nicht zu anderen Zeiten und auch in Zukunft nicht,
sie anzuziehen. Und jetzt kommt das Aber. Bei den traditionellen Schützenfesten haben Waffen und
Uniformen schon lange eine ganz andere Bedeutung: Die Waffen der Schützen werden sportlich
genutzt, im Wettkampf wird ermittelt, wer das Ziel am besten trifft. Und beim Umzug steckt eine
Blume im Gewehrlauf. Und das gehört sich dann sehr wohl, nicht nur jetzt, sondern zu allen Zeiten
und in Zukunft. Die Uniformen der Schützen symbolisieren Zugehörigkeit und Gemeinschaft. Und
beim Umzug sind auch sie mit Blumen geschmückt. Und auch das gehört sich sehr wohl, nicht nur
heute, sondern zu allen Zeiten und auch in Zukunft. Sport, Spiel, Zusammengehörigkeit,
Gemeinschaft. Das muss sogar sein in Zeiten, wo anderenorts Waffen und Uniformen Gewalt und
Macht symbolisieren. Da sagt die Schützentradition: Wir können auch anders. Und das wohlüberlegt.
Ja, das gehört sich so!
Und Corona? Da hat die Landrätin neulich beim Schützenfest etwas sehr Schönes gesagt – im Sinne
von: Es kann sein, dass sich bei den Festen wieder vermehrt Menschen anstecken werden. Das lässt
sich nicht vermeiden. Aber die Fröhlichkeit soll dadurch nicht gemindert werden. Und sie wünschte
den Betroffenen, dass sie in dem Fall gut durch die Infektion kommen, gesund bleiben oder schnell
wieder gesund werden. Das ist ein gelassener Umgang mit der Situation, mit der wir uns
zurechtfinden und mit der wir leben lernen müssen.
Der Wochenspruch für die kommende Woche geht genau in diese Richtung: „Einer trage des anderen
Last, so werdet ihr das Gesetzt Christi erfüllen.“ Auch das bedeutet Schützen – sich und andere.