Michael Gierow,
Pastor für Breselenz und Zernien
Kein Kruzifix, keine Madonna ist auf dem Alter einer Kirche in Bornholm zu sehen , sondern ein modernes Gemälde mit einen kleinen Boot in schwerer See. Jesus und seine Jünger, und die Jünger vergehen vor Furcht. Viele auf Bornholm waren Fischer und Seeleute, und die wussten genau: kaum jemals fühlt man sich so ausgeliefert und hilflos wie in einem kleinen Boot im Sturm. Damals, ohne Hilfsmotor, Satellitennavigation und Bugstrahlruder. Aber auch heute noch, wo wir meinen, alles im Griff zu haben – aber wo uns gerade in den letzten anderthalb Jahre eine Katastrophe nach der anderen zeigt, dass es damit nicht weit her ist.
Unter dem Bild ist zu lesen: „Fürchtet euch nicht, vertraut nur!“
Vertrauen – das ist ein gefragtes Gut zurzeit. Die Wahlkämpfenden bitten um unser Vertrauen und bedanken sich dafür, wenn sie gewählt sind. Psychologen warnen, dass in der Pandemie gerade Kindern und Jugendlichen das Vertrauen abhanden gekommen ist. Vertrauen in die Zukunft, in sich selbst, Vertrauen zum Leben.
Fürchtet euch nicht – vertraut nur! Glauben und Vertrauen kann man oft fast austauschbar gebrauchen: Glauben ist nicht das Fürwahrhalten irgendwelcher Dogmen, sondern das Vertrauen darauf: Ich bin gewollt, ich habe eine Aufgabe im Leben, ich bin meinem Schöpfer verantwortlich. So wie unsere Jugendlichen es in einem ihrer Lieblingslieder „Jesus in my House“ gerne singen: Danke für den Sinn, den du meinem Leben gibst. Und danke für die Chance, neu anzufangen, wo etwas schief gegangen ist.
Jesus bietet uns an, aus solchem Vertrauen heraus zu leben. Auch und gerade, wo es schwer ist. Bei den Menschen zu bleiben, den Lebensraum zu bewahren, der uns geschenkt ist, niemanden verloren zu geben – weil ich weiß, dass die Liebe des Vaters mir und auch all den anderen gilt, die mit mir auf dieser Erde leben.
Und was ist nun mit denen, die bei der Wahl um unser Vertrauen bitten? Keine und keiner von ihnen wird kommende Probleme alleine abwenden können. Wir müssen entscheiden, wem wir zutrauen, für vier Jahre die relativ besten Wege zu finden. Ihnen vertrauen, dass sie es nach besten Kräften versuchen. Ihnen dann die Verantwortung anvertrauen, die sie bereit sind zu übernehmen – und dann auch für sie beten, dass sie sie tragen können.
Beten als solche, die in allen Stürmen jemanden haben, dem sie vertrauen können.