Eine afrikanische Sage erzählt davon, dass auch die Tiere einen Sonntag haben wollten. Für den Löwen ist Sonntag, wenn er eine Gazelle verspeisen kann, für das Pferd, wenn es viel Platz hat, um auszutragen, für das Faultier, wenn es einen dicken Ast zum Schlafen hat und für den Pfau, wenn er einen neuen Satz Schwanzfedern bekommen. Den Tieren werden ihre Wünsche erfüllt, so erzählt die Sage. Und trotzdem wird bei ihnen nicht Sonntag.
Die Sage macht deutlich: Sonntag ist nicht einfach. Sonntag muss werden. Sonntag muss sich ereignen! Aber wie?
Schon ganz am Anfang der Bibel, auf den ersten Seiten, ist vom Sonntag sie Rede. Da wird davon erzählt, dass Gott sechs Tage lang damit beschäftigt ist, die Erde, Sonne, Mond und die Sterne, die Pflanzen und Tiere und auch die Menschen zu schaffen. Und dann macht er Pause. Er ruht von seiner Arbeit. Und macht doch etwas: Er segnet diesen siebten Tag. Und er heiligt ihn.
Die Menschen, die diese Geschichte aufgeschrieben haben, hatten schon ein Gespür dafür, dass es mehr braucht als Arbeit, als die Plackerei des Alltags, also mehr als die Alltagslasten und Alltagssorgen, damit unser Leben gut wird. Es braucht dazu auch Ruhe. Es braucht dazu eine Pause. Und zwar regelmäßig, alle sieben Tage einen Sonntag, einen Ruhetag.
Einen Tag, der nicht dem Broterwerb, der nicht der Karriere dient. Aber auch einen Tag, der nicht von den Sorgen des Lebens bestimmt wird. Einen geheiligten Tag. Einen Tag, der dazu beiträgt, dass unser Leben heil bleibt, heil ist oder heil wird.
Also: Wenn der siebte Tag der Woche dazu beiträgt, dass unser Leben heiler wird, erst dann ist Sonntag geworden.
Damit mein Leben heil wird, dazu gehört sicher Erkenntnis: Arbeit ist wichtig. Aber Arbeit ist nicht alles. Ich brauch auch Pausen, um mich zu regenerieren.
Damit mein Leben heil wird, dazu gehört auch, dass ich mir Zeit nehme, über mein Leben, über mich selbst nachzudenken: Wo komme ich her? Wo will ich hin? Was ist mir wichtig? Und vor allen Dingen: Wer ist mir wichtig? Und: Hat das Wichtige, haben die Wichtigen auch Platz in meinem Leben?
Damit mein Leben heil wird, dazu gehört auch der Gottesdienst. Der ist eine ritualisierte Pause, eine ritualisierte Unterbrechung meines Alltags. Der ist ein Innehalten im Lauf der Woche. Der bietet Momente der Ruhe. Der bietet Impulse zum Nachdenken. Der regt hat, sich über das zu freuen, was das Leben schön macht. Der gibt Gelegenheit, dass vor Gott zu bringen, was das Leben schwer macht.
Wann wird Sonntag?
Sonntag wird, wenn wir den Tag nutzen, damit unser Leben heil wird.
Pastor Klaus-Markus Kühnel
St. Johannis Dannenberg
44. Kalenderwoche