Ungehaltene Predigt wegen des Versammlungsverbotes über 1. Petrus 2, 21b-25 am Sonntag Misericordias Domini von Pastor Eckhard Kruse
In dieser Woche leitet uns der 1. Petrusbrief, der deutlich macht, dass unser Leiden (auch an der Corona-Pandemie) nicht sinnlos ist. Wir werden ermutigt, leidvolle Erfahrungen als Christen anzunehmen, so wie Jesus auch im Leid geduldig und gelassen war. So ist er für uns zum Hüter unserer Seelen geworden: „Denn ihr wart wie die irrenden Schafe; aber ihr seid nun umgekehrt zu dem Hirten eurer Seelen.“ (V25)
Ursprünglich war an den Herrschaftswechsel gedacht, als wir durch die Taufe aus der Macht des Todes befreit und zu Schafen in der Herde des Guten Hirten wurden (Joh 10). In diesem Jahr des Herrn 2020 lese ich einen anderen Zeitenwechsel mit. In dieser Woche beginnt für uns eine Maskenpflicht. Die Schutzmasken werden uns nicht selbst schützen. Aber hoffentlich schützen sie unsere Nächsten, denen wir mit gebotenem Abstand von 2 Metern innerlich nahe kommen.
Viele haben Schwierigkeiten mit dem Bild, Teil einer Schafherde zu sein. Wir wollen frei sein und unabhängig tun und lassen was uns gefällt. „Ich bin doch kein Schaf!“ Diese Haltung führte dazu, dass wir die Gemeinschaft nicht genug gewürdigt haben, als sie so unbeschwert möglich war.
Ein verirrtes Schaf rennt immer weiter. Wenn man innehält wird man seine eigene Verlorenheit und Sinnlosigkeit erkennen. Daher scheuen viele die Zeit der Muße. In der Passionszeit wurde deutlich, wie wir (auch in der Kirche) Zuflucht suchten in Geschäftigkeit.
Mir macht es große Sorgen, dass jetzt viele aus der Geschäftigkeit herausgerissen sind. Mit sich selbst konfrontiert und auf die enge Hausgemeinschaft zurückgeworfen liegen die Nerven blank. Kinder können in Schule und KiTa nicht aufgefangen werden. Frauen finden keinen Schutz vor gewalttätigen Ehemännern. Flüchtlingslager sind unmenschliche Orte geworden. Auf dem Land leben wir ja fast wie im Paradies. Junge Familien in einer Stadtwohnung ohne Spielplätze sind ganz anderen Belastungen ausgesetzt.
Der Mensch ist ein Herdenwesen. Angewiesen auf Gemeinschaft über die Familie hinaus. Fitness-Studio, Vereine und Kirche: alles geschlossen. Das erinnert an Jesaja 53: „Wir hatten uns alle verirrt wie Schafe; jeder ging für sich seinen Weg.“
Aus dieser Geschäftigkeit, Enge und Einsamkeit hat Christus uns befreit. Er schenkt uns seine Gemeinschaft und wir dürfen ihm nachfolgen mit aufrechtem Gang. Die Krise hat uns nicht im Griff, erinnert uns der 1. Petrusbrief: „Ihr seid nun umgekehrt zum Hirten eurer Seele.“
Der Gute Hirte kennt das Leid der Menschen in Altenheimen, Krankenhäusern und Flüchtlings-unterkünften. Er kennt auch das Leid der Einsamkeit in unseren Wohnungen.
Wir können nichts tun, solange die Experten um Hilfe ringen. Aber wir können beten. Und wir können darauf vertrauen, wie es Menschen in schweren Zeiten vor uns getan haben: „Es kennt der Herr die Seinen, und hat sie stets gekannt, / die Großen und die Kleinen in jedem Volk und Land; / er lässt sie nicht verderben, er führt sie aus und ein, / im Leben und im Sterben sind sie und bleiben sein.“ (EG 358, 1)