April, April?
Haben Sie heute schon jemanden in den April geschickt? Noch wäre ja ein bisschen Zeit. Übrigens: Die Redewendung, jemanden in den April zu schicken, gibt es schon mehr als 400 Jahre. Woher der Brauch kommt, weiß niemand so genau. Und warum wir ausgerechnet am 1. April andere Leute mit kleinen Lügengeschichten reinlegen, ist unbekannt. Vielleicht liegt es ja am launischen Aprilwetter. Man weiß es einfach nicht.
Ich habe dies Jahr mal darauf verzichtet, jemanden in den April zu schicken. Mir ist einfach nicht danach. Nicht, weil ich nicht gerne Spaß habe. Nicht, weil wir nicht alle gerade mal was zu lachen bräuchten.
Aber ich mag gerade keine Geschichten, die andere auf eine falsche Fährte locken. Keine Falschmeldungen, keine Lügengeschichten, keine verdrehten Verschwörungstheorien. Ich mag gerade keine Gerüchte, keine Leute, die wild herum spekulieren. Ich mag gerade keine Leute mit viel Meinung und mit wenig Ahnung, die auf ihrem Youtube-Kanal ins Mikro quatschen.
Ich mag aber gerade Judith Rakers und ich mag Prof. Dr. Christian Drosten.
Christian Drosten mag ich, weil er in dieser wirren Zeit das hat, was mir fehlt: Nämlich Sachverstand. Wenn er als Experte bei der Tagesschau oder im ARD-Brennpunkt ein Interview gibt, dann weiß er, was er sagt. Christian Drosten ist Mediziner, Wissenschaftler und ein Fachmann für die Erforschung und Behandlung von Viren und Infektionen. Er hat sein ganzes Berufsleben lang in diesem Bereich gearbeitet und er leitet den entsprechenden Fachbereich in einem der besten Krankenhäuser der Welt.
Und wenn Christian Drosten sich mal irrt – und das wird er irgendwann -, dann werden andere Fachleute ihm das sagen. Sie werden miteinander telefonieren, Argumente austauschen, neue Forschungsergebnisse einbringen, Fakten bewerten und Herr Drosten wird dadurch zu einer neuen Einschätzung der Lage kommen. Denn so arbeiten seriöse Wissenschaftler.
Judith Rakers mag ich, weil sie in einem anderen Gebiet Sachverstand hat, der mir fehlt: Sie ist Journalistin. Judith Rakers versorgt mich jeden Abend in der Tagesschau mit den neuesten Nachrichten. Sie sichtet Meldungen, Neuigkeiten und Berichte von Kolleginnen und Kollegen überall in der Welt. Sie weiß, welche Expertin man wozu befragen kann und welche Quelle seriös ist. Sie und das ganze Team der Tagesschau überprüfen den Wahrheitsgehalt ihrer Quellen, fragen nach und sichern ab. Judith Rakers stellt die Fragen, die mich interessieren, an Leute, die für mich nicht zu sprechen wären. Und sie hat den Überblick und wählt aus, was jeden Abend um 20 Uhr am wichtigsten ist.
Und wenn jemand aus ihrem Team mal einen Fehler macht – Judith Rakers macht nämlich mit Sicherheit keine Fehler -, dann wird das in der nächsten Redaktionssitzung angesprochen. Es wird überlegt, wie so ein Fehler in Zukunft unterbunden werden kann. Und wenn es wichtig ist, wird die Tagesschau das in der nächsten Sendung gerade rücken.
Denn so arbeiten seriöse Journalistinnen.
Ich mag Judith Rakers und Christian Drosten, weil es in schwierigen Zeiten umso wichtiger ist, dass wir verlässliche, sorgfältig geprüfte Fakten und Informationen bekommen. Deshalb vertraue ich Fachleuten, die was von ihrer Arbeit verstehen.
Was ich nicht brauche, das ist politische Propaganda wie in totalitär geführten Staaten. Da, wo von höchster Stelle entschieden wird, was das Volk erfahren darf und was nicht.
Und was ich nicht brauche, das sind windige, lautstarke und sensationslüsterne Weltuntergangs- oder Alles-Fakenews-Propheten. Typen, die in selbstgebastelten Fernsehstudios im Keller vom Reihenhaus ihrer Mutter wilde Theorien aufstellen und mir die Welt erklären.
Ich will keine Meinungen, sondern tragfähige, gut recherchierte Fakten. Gut, dass wir in unserem Staat, mit unseren unabhängigen öffentlich-rechtlichen Medien so was auf den Bildschirm bekommen. Anderswo sieht das nämlich ganz anders aus.
Jesus selber war übrigens ein Freund klarer Worte. Keine Mätzchen, keine halben Wahrheiten und Gerüchte, kein Geschwätz, keine Schwüre oder Beschwörungen. Einfach geradeaus reden: „Eure Rede aber sei: Ja, ja; nein, nein. Was darüber ist, das ist vom Bösen.“ (Markusevangelium 5,37)
Und Sie? Haben Sie heute jemanden in den April geschickt?
Dann haben Sie das gut gemacht! Denn wenn man jemanden in den April schickt, dann wird der Spaß ja mit einem fröhlichem „April, April!“ gleich wieder aufgedeckt. Der Geleimte merkt sofort, dass er auf irgendeinen Blödsinn reingefallen ist. Das ist doch ein gutes Training. Es hilft dabei, das nächste Mal ein bisschen wachsamer zu sein.
Und morgen ist der 2. April und man kann Ihnen wieder bei jedem Satz über den Weg trauen.
Das fünfzehnte kleine Licht.
Bleiben Sie gesund. Werden Sie gesund.
Ihr Pastor Jörg Prahler
Das “kleine Licht” erscheint jeden Abend auf der Startseite von Evangelisch-im-Wendland.de und auf der Homepage der Kirchengemeinden Damnatz, Langendorf und Quickborn. Sie können diese Andacht, diesen Impuls oder Gedanken gut in ein Abendgebet einbauen. In Damnatz, Langendorf und Quickborn läuten dazu jeden Abend von 19.15 bis 19.20 Uhr die Glocken. Für das Abendgebet können Sie eine Kerze anzünden. Die Kerze können Sie danach um 19.30 Uhr auf ein Fensterbrett in Richtung Straße stellen. Das ist ein Zeichen der Hoffnung, dass sich zur Zeit ganz viele Menschen in Lüchow-Dannenberg gegenseitig geben.
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