“Ja, das muss so laut” – Gottesdienst am Sonntag Kantate in Quickborn und Langendorf

Orgel zum Beginn

Singt dem Herrn ein neues Lied, denn er tut Wunder! Psalm 98,1

Eine/r: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Alle: Amen.

Eine/r: Unsere Hilfe kommt von Gott, unserem Herrn, Alle: der Himmel und Erde gemacht hat.

Psalm 98: Singet dem HERRN ein neues Lied, denn er tut Wunder. Er schafft Heil mit seiner Rechten und mit seinem heiligen Arm. Der HERR lässt sein Heil verkündigen; vor den Völkern macht er seine Gerechtigkeit offenbar. Er gedenkt an seine Gnade und Treue für das Haus Israel, aller Welt Enden sehen das Heil unsres Gottes.

Jauchzet dem HERRN, alle Welt, singet, rühmet und lobet! Lobet den HERRN mit Harfen, mit Harfen und mit Saitenspiel! Mit Trompeten und Posaunen jauchzet vor dem HERRN, dem König! Das Meer brause und was darinnen ist, der Erdkreis und die darauf wohnen. Die Ströme sollen in die Hände klatschen, und alle Berge seien fröhlich vor dem HERRN; denn er kommt, das Erdreich zu richten. Er wird den Erdkreis richten mit Gerechtigkeit und die Völker, wie es recht ist.

Einer: Kyrie eleison. Alle: Herr, erbarme dich. Einer: Christe eleison. Alle: Christe, erbarme dich. Einer: Kyrie eleison. Alle: Herr, erbarm dich über uns.

Allein Gott in der Höh sei Ehr und Dank für seine Gnade, darum dass nun und nimmermehr uns rühren kann kein Schaden. Ein Wohlgefalln Gott an uns hat. Nun ist groß Fried ohn Unterlass. All Fehd hat nun ein Ende.

Eingangsgebet: Lieber Gott. Wo unsere gesprochenen Worte nicht mehr ausreichen, um von dir zu erzählen, da können unsere Lieder noch einen Schritt weiter gehen. Lass uns glauben mit Kopf und Herz, mit Verstand und mit Gefühl und dir damit die Ehre geben. Auch in diesem Gottesdienst Alle: Amen

Lied EG 302: Du meine Seele, singe

1) Du meine Seele, singe, / wohlauf und singe schön / dem, welchem alle Dinge / zu Dienst und Willen stehn. / Ich will den Herren droben / hier preisen auf der Erd; / ich will Ihn herzlich loben, / solang ich leben werd.

2) Wohl dem, der einzig schauet / nach Jakobs Gott und Heil! / Wer dem sich anvertrauet, / der hat das beste Teil, /das höchste Gut erlesen, / den schönsten Schatz geliebt; / sein Herz und ganzes Wesen / bleibt ewig ungetrübt.

8) Ach ich bin viel zu wenig, / zu rühmen Seinen Ruhm; / der Herr allein ist König, / ich eine welke Blum. / Jedoch weil ich gehöre / gen Zion in Sein Zelt, / ist’s billig, dass ich mehre / Sein Lob vor aller Welt.

Lesung: Lukas, Kapitel 19,37-40: Und als Jesus schon nahe am Abhang des Ölbergs war, fing die ganze Menge der Jünger an, mit Freuden Gott zu loben mit lauter Stimme über alle Taten, die sie gesehen hatten, und sprachen: Gelobt sei, der da kommt, der König, in dem Namen des Herrn! Friede sei im Himmel und Ehre in der Höhe!

Und einige von den Pharisäern in der Menge sprachen zu ihm: Meister, weise doch deine Jünger zurecht! Er antwortete und sprach: Ich sage euch: Wenn diese schweigen werden, so werden die Steine schreien. Alle: Amen

Credo: Alle: Wir glauben an Gott, den himmlischen Vater, den Schöpfer der Welt, der uns geschaffen hat, damit wir Leben erhalten, Frieden entwickeln und Sorge tragen, für den Bestand der Erde, weil die Menschen dieser Welt zusammengehören in Gleichheit und Gerechtigkeit.

Wir glauben an Jesus Christus, unseren Herrn, geboren als Mensch in Israel von Maria, erwählt, mit seinem Leben die Nähe Gottes zu bezeugen. Er verkündete den Gefangenen Freiheit, den Blinden, dass sie sehen, den Unterdrückten und Armen Befreiung. Er litt, wurde gefoltert und getötet am Kreuz mit Gewalt von den Mächtigen unter Pontius Pilatus und wurde auferweckt zum Leben und zur Hoffnung für alle.

Wir glauben an den Heiligen Geist, die Kraft des neuen Lebens in Jesus Christus, der auch uns und alle Verhältnisse ändert, der uns reich macht im Glauben und der uns sendet mit dem Ziel, allen Menschen Hoffnung zu bringen auf einen neuen Himmel und eine neue Erde. Amen.

Lied JL 126: Ich sing dir mein Lied

Ich sing dir mein Lied, in ihm klingt mein Leben.
Die Töne, den Klang hast du mir gegeben
von Wachsen und Werden, von Himmel und Erde,
du Quelle des Lebens, dir sing ich mein Lied.

Ich sing dir mein Lied, in ihm klingt mein Leben.
Den Rhythmus, den Schwung hast du mir gegeben
von deiner Geschichte, in die du uns mitnimmst,
du Hüter des Lebens. Dir sing ich mein Lied.

Ich sing dir mein Lied, in Ihm klingt mein Leben.
Die Tonart, den Takt hast du mir gegeben
von Nähe, die heil macht – wir können dich finden,
du Wunder des Lebens. Dir sing ich mein Lied.

Ich sing dir mein Lied, in ihm klingt mein Leben.
Die Höhen, die Tiefen hast du mir gegeben.
Du hältst uns zusammen trotz Streit und Verletzung,
du Freundin des Lebens. Dir sing ich mein Lied.

Ich sing dir mein Lied, in ihm klingt mein Leben.
Die Töne den Klang hast du mir gegeben
von Zeichen der Hoffnung auf steinigen Wegen
du Zukunft des Lebens. Dir sing ich mein Lied.

Predigt: Am 12. März diesen Jahres ging eine Meldung um die Welt: Das afghanische Bildungsministerium wollte allen Frauen und allen Mädchen über zwölf Jahren das Singen verbieten. Zumindest in der Öffentlichkeit, wenn auch Männer anwesend sind. Also fast immer. Nicht mal die Nationalhymne würden sie mitsingen können.

Was für ein Blödsinn! Kommentatoren vermuteten dahinter ein Entgegenkommen zu den Taliban. Die NATO-Truppen ziehen ab und die afghanische Regierung befindet sich gerade in Friedensverhandlungen mit den Taliban. Und dass die den Frauen das Singen verbieten wollen, liegt ja nahe. Sie wollen ja den Mädchen auch verbieten in die Schule zu gehen. Und sie zwingen die Frauen, eine Burka zu tragen. Das alles ist schräg genug. Dass Frauen auch mit weiteren Unterdrückungen zu rechnen haben ist leicht vorstellbar. Wenn es nach den Wünschen der Taliban. Aber warum sollte einer irgendwem anderes ausgerechnet gerade das Singen verbieten?

Gesang, das sind Worte mit Musik. Eine Botschaft mit Gefühl. Und das kann eine machtvolle Waffe sein. Weil ein Lied Kopf und Herz gleichzeitig ansprechen kann. Weil es einen Menschen mitreißen kann.

Ich habe als junger Mensch ein Lied von Hannes Wader im Radio gehört. Über ein Grab in Frankreich. Ein Grab von einem jungen Soldaten. Das Lied ging mir wie ein Stich durchs Herz. Danach war mir klar: Ich werde niemals Soldat werden. Zwei Jahre später habe ich den Kriegsdienst verweigert und Zivildienst gemacht.

Ich hörte zum ersten Mal auf einer Klassenfahrt das Lied: „Was wollen wir trinken“ von Bots. Ein Lied, dass man sich zusammentun soll, um für eine bessere Welt zu streiten. Und das machten wir jungen Leute dann irgendwie auch. Gegen Kriege, gegen Umweltzerstörung, gegen die Ausbeutung der Dritten Welt.

Ich hörte in der Oberstufe und als Student „Keine Macht für niemand“ von Ton, Steine, Scherben. Und wenn das auch kein wirklich gutes politisches Programm ist, glaube ich seitdem doch: Du musst dir nicht immer gleich alles gefallen lassen, was von oben kommt. Wenigstens musst du nicht die Klappe halten, wenn du anderer Meinung bist.

Ich habe Lieder zum Verlieben. Lieder, bei denen mir die Tränen kommen. Lieder, bei denen ich mich ganz weit weg träume. Auf Partys gibt es Lieder, bei denen ich jedes Gespräch unterbreche und auf die Tanzfläche renne. Melodien und Texte, die so wunderwunderschön sind. Ganz wichtig: Lieder, zu denen ich mich wieder jung fühle. Lieder, zu denen ich mich ganz ungewöhnlich wild und lebendig fühle.

Und es gibt auch ein paar Lieder, die ganz genau sagen, was ich glaube. Lieder aus dem Gesangbuch. Neue Kirchenlieder. Songs aus dem Radio. Aber das funktioniert nur, wenn es gesungen wird. Lese ich nur den Text, dann ist der Zauber meistens weg. Ein schönes Gedicht hat längst nicht die gleiche Wirkung auf mich.

Dabei kann ich nicht mal sagen, dass ich besonders gerne singe. Ich war in meinem ganzen Leben genau einmal zu einer Probe im Chor. Achte Klasse in der Schule – nie wieder. Zum Singkreis habe ich nur so gerne rüber geguckt, weil es dort manchmal Hühnerbeine und Fleischbällchen gibt. Beim Singkreis mitgesungen, habe ich nie.

Den Gospelchor höre ich mir sehr gerne an. Aber selber mitsingen würde ich da nie. Mal ganz abgesehen davon, dass mich die Chorleiterin wahrscheinlich gar nicht aufnehmen würde.

Wenn ich im Gottesdienst Gitarre spiele und dazu singe, dann ist das Arbeit und kein Hobby. Ich habe keine Angst, vor hundert oder zweihundert Menschen zu sprechen. Muss ich Gitarre spielen oder ein Lied anstimmen, dann kriege ich feuchte Hände. Zu Hause oder aus Spaß greife ich nie zur Gitarre.

Im Konfer singe ich wenig, weil ich das wahrscheinlich noch ungerner mache als meine Konfis. Und wenn ich auf einer Tagung bin und am Abend holt einer die Gitarre raus, dann denke ich: „Och nö. Können wir nicht lieber einfach nur ein Bier trinken und uns unterhalten?“

Ehrlich gesagt: Dass wir jetzt in den Gottesdiensten nicht singen dürfen, das fehlt mir schon sehr. Aber wahrscheinlich nicht so sehr wie den meisten von euch.

Aber zu besonderen Gelegenheiten ist es dann doch wieder ganz anders. Am letzten Abend auf der Konferfreizeit. Wenn wir im Schloss Mansfeld in der Kirche sitzen. Und wenn wir da ein Lied nach dem anderen singen, während ein Konfi nach dem anderen die Kirche verlässt. Und auf einmal singen sie auch richtig. Und sie spüren den Zauber. Und sie wollen auch singen. Das ist ein Wahnsinn.

Ich erinnere mich als junger Kerl auf Wanderungen in der Jugendarbeit. Alle sitzen am Lagerfeuer. Neues gibt es nach einer Woche nicht mehr zu erzählen. Und dann packt einer seine Gitarre aus. Oder wenn die Pfadfinder an Ostern in der Kirche singen. Nächstes Jahr hoffentlich mal wieder. Da geht mir das Herz auf.

Oder an Pfingsten oder bei der Wiesenfete auf der Tanzfläche. Alles um dich rum das tobt und tanzt und auf einmal singen und grölen alle den Refrain mit. Unvergleichlich. Singen ist manchmal schon eine großartige Sache.

Wer das Singen unterdrücken möchte, der führt was im Schilde. Jedenfalls, wer das ohne gute Gründe tut. Und dass ist dann auch der Unterschied zwischen uns in den Gottesdiensten in Deutschland und den Frauen in Afghanistan: In den Gottesdiensten hier darf nicht gesungen werden, weil das Singen aus voller Kehle kleiner Tröpfchen aus unserer Lunge überall hier im Umkreis verteilen würde. Und hätte einer von uns Corona, dann ständen die Chancen gut, dass er die anderen damit anstecken würde. Zum Anfang der Epidemie haben das ein paar Schlaumeier aus kleineren Glaubensgemeinschaften ausprobiert. Sie haben nicht so strenge Hygienevorschriften verfasst oder sie haben darauf gepfiffen und dann haben sich zig Leute in einem einzigen Gottesdienst angesteckt. Das war reichlich dumm und leichtsinnig.

In Afghanistan sollte den Frauen das Singen aber aus ganz anderen Gründen untersagt werden. Frauen sollen ihre Stimmen nicht erheben. Sie sollen von anderen nicht gehört werden. Vor allem sollen sie mit ihrem Gesang keine Gefühle wecken. Schon gar nicht ihre Stimmen miteinander vereinen. Frauen sollen gehorchen und die Klappe halten. Das Singen könnte die Frauen stark und mutig machen. Das soll verhindert werden. Sie könnten entdecken, welche Kraft und welche Freude in ihren Stimmen liegt. Sie könnten sich gut und frei fühlen. Das sollte unterbunden werden. Niemand soll erkennen oder sich darum scheren, wie es in ihren Herzen aussieht. Wer weiß, sonst würden die afghanischen Frauen vielleicht irgendwann afghanische Protest- und Freiheitslieder singen. Vielleicht gäbe es da irgendeine afghanische Joan Baez. Und wenn die sänge, dann würde man ihr zuhören und verzaubert sein und es würde überhaupt nicht mehr funktionieren, Frauen stillzuhalten und zu unterdrücken in Afghanistan. Der Funke der Freude und der Befreiung soll nicht überspringen.

Davor haben dort allerhand Männer Angst. Daher dieses eigenartige Verbot.

Der Funke der Freude und der Befreiung soll nicht überspringen.

Jesus zieht nach Jerusalem ein. Er sitzt auf einem Eselfohlen. Die Menschen jubeln ihm zu, schwenken Palmzweige und legen ihre Mäntel auf den Weg wie einen roten Teppich für einen Star. Für den lang ersehnten Retter Israels.

Die Jünger und alle Freunde, Fans und Anhänger singen und jubeln. Sie loben mit Freuden Gott. Mit lauter Stimme posaunen sie heraus, was Jesus Gutes getan hat. Was sie mit eigenen Augen gesehen haben. Sie rufen in Sprechchören: „Gelobt sei, der da kommt, der König, in dem Namen des Herrn! Friede sei im Himmel und Ehre in der Höhe!“

Und es sind auch Pharisäer dabei unter der Menge und ein paar von ihnen, längst nicht alle sprechen zu Jesus: „Meister, weise doch deine Jünger zurecht!“ Jesus antwortete und sprach: „Ich sage euch: Wenn diese schweigen werden, so werden die Steine schreien.“

Das muss man erst mal festhalten: Es sind nicht die Pharisäer, die das Singen und das Jubeln der Jünger unterbinden wollen. Es sind ein paar von ihnen. Und selbst die sprechen Jesus da noch respektvoll als Rabbi, als Meister, als Lehrer an. Aber man merkt schon, dass sie etwas stört. Der ganze Jubel, der ganze Trubel. Die Begeisterung, mit der die Jerusalemer Jesus empfangen. Die fröhliche, hoffnungsvolle, aufgeputschte Stimmung.

Damit kommen sie nicht klar. „Geht das nicht alles ein bisschen leiser? Ein bisschen zahmer? Ohne Aufregung? Musst du denn hier auch gleich alles durcheinander bringen?“ Ja, das muss so laut. Das muss so wild und so ungezügelt sein. Würden man den Jüngern den Mund verbieten, dann würden die Steine schreien.

Es muss was passieren. Es muss was Neues geschehen. Jetzt kriegst du den Korken nicht mehr auf die Flasche. Und das ist das Besondere in dieser Situation. Denn eigentlich waren die Pharisäer und Jesus sich in vielen Dingen sehr, sehr einig. Wesentlich mehr als Jesus und die Hohepriester am Tempel. Es spricht sogar viel dafür, dass Jesus eigentlich selber ein Pharisäer gewesen ist. Oftmals in der Bibel wird Jesus Rabbi genannt. Genau wie die Pharisäer ihre Lehrer nannten.

Jesus war ein Mann aus dem Volk. Kein studierter Priester am Tempel. Sondern einer, der sich in die Heilige Schrift vertieft hatte und der die Botschaft Gottes für die Menschen auslegte. Genau das taten auch die Schriftgelehrten. Und auch wie er das machte und was er da sagte, das war nicht so radikal, dass man das nicht auch von einem anderen Pharisäer hätte hören können.

Aber dann dieser Einzug nach Jerusalem. Dann diese Begeisterung der Massen. Dann dieser offene Protest gegen alles, was falsch lief am Tempel. Die ganze Heuchelei. Die faulen Kompromisse mit den Römern. Jesus war der Anführer einer Demonstration für den Glauben. Für die Gerechtigkeit. Für eine neue Zukunft mit Gott. Und genau das hätten die Pharisäer eben gern ein wenig leiser gehabt. Dezenter. Gesitteter. Aber sollst du schweigen oder leise sein oder dich zurückhalten, wenn so viel so verkehrt läuft? Jesus treibt die Sache auf die Spitze und genau damit macht er sich Feinde.

Bei der Frage von Ordnung oder Unordnung, entscheiden sich die Anführer der Pharisäer für die Ordnung. Auch wenn die Ordnung bedeuten sollte, dass es einfach schlecht weitergeht. Sie wenden sich von Jesus ab und sie sehen Jesus von da an als Gefahr an. Als einen, den man stoppen muss. Den man zum Schweigen bringen muss. Notfalls eben mit Gewalt.

Wenn du das Gute willst, dann machst du dir manchmal Feinde. Und wenn du Menschen in ihrem Herzen ansprechen willst, dann wollen andere gerade genau das verhindern. Mit Verboten. Indem sie die Nase rümpfen. Indem sie sich über dich lustig machen. Indem sie dir sagen: „Du bist zu laut. Du bist zu naiv. Halt doch lieber die Klappe und überlasse das den Fachleuten.“ So reden die, die die Macht haben und die sie nicht abgeben wollen.

Kann man immer wieder beobachten: In Jerusalem vor 2000 Jahren. Im März in Afghanistan. Hier bei uns, als die Schülerinnen und Schüler Freitags für unser Klima und für ihre Zukunft auf die Straße gegangen sind. „Seid leise. Haltet den Mund. Geht nach Hause. Wir regeln das schon für euch.“ Einen Quatsch haben sie getan. Das hat das Bundesverfassungsgericht gerade höchstrichterlich festgestellt.

Aber dagegen kann man angehen: Singen und rufen. Auf kreativem Weg sich laut und hörbar machen. Andere mitreißen. Für das, woran man glaubt, eintreten.

Die Frauen in Afghanistan haben übrigens Lieder gesungen und Videos gedreht. Sie haben das Internet geflutet mit ihren Liedern und mit ihren Stimmen. Bis ihre Regierung eingeknickt ist und das Verbot schon ein paar Tage später wieder zurückgenommen hat. „Es ist alles nur ein Missverständnis gewesen“ haben sie gesagt. „Alles nur wegen Corona!“. Aber warum dann nur die Frauen? Macht doch keinen Sinn. „Alles nur wegen Corona!“. Wer‘s glaubt, wird selig.

Fridays for Future hat zur Zeit das gleiche Problem wie die Kirchen: Zur Zeit wegen Corona darf man nicht zusammenkommen. Demos ohne Lieder oder Sprechchöre sind wahrscheinlich nicht das Gleiche wie Demonstrationen, wenn Corona wieder vorbei ist. Aber das mag ja noch kommen und das wird schon wieder werden.

Und wir in der Kirche? Schön, dass wir weiter Gottesdienste feiern können. Wenn auch mit Maske, ohne dass ihr singt und bedacht auf Abstand. Alles ein bisschen mit angezogener Handbremse. Aber auch mit angezogener Handbremse geht es einigermaßen.

Auf der anderen Seite: Was wäre denn wirklich anders, wenn kein Corona wäre. Wie sähen unsere Gottesdienste dann heute aus? Würden wir den richtigen Ton treffen und die richtigen Lieder singen? Haben wir die richtige Musik für diese Zeit oder hinken wir all dem doch wieder 30, 50 oder 100 Jahre hinterher?

Am Freitag bekam ich eine Mail. Bis 2030 soll ein neues Gesangbuch zusammengestellt. Alle sind dazu aufgerufen, in einer Umfrage ihre fünf Lieblingslieder zu nennen. Welche Lieblingslieder werden wir dafür aussuchen? Die, die schon unsere Eltern und Großeltern gerne gesungen haben? Oder die, die unsere Kinder gerne singen werden? Eine entscheidende Frage.

Spielen wir in der Kirche eigentlich eine Musik, die wirklich begeistert? Wo die Leute laut und gerne mitsingen? Zu der man wohl möglich klatschen, tanzen oder feiern und schwitzen kann?

Oder sind es gerade wir selber die mahnen oder im Stillen denken: „Freude ja, aber bloß nicht zu laut oder zu wild oder zu ausgelassen.“ Wir müssen ja auf Orgel und Paul Gerhard nicht verzichten. Auch nicht auf Musik, die eher gesittet, zivilisiert und feierlich ist. Aber mal so ein Gottesdienst mit einer Stimmung so wie damals mit Jesus? Ich denke mir, das wäre doch gar nicht schlecht. Und wenn dann einer die Nase rümpft und sagt: „Geht es nicht auch ein bisschen leiser?“, dann drehen wir es doppelt so laut.

Denn so ist es mit der Begeisterung für Gott: Was raus muss, das muss raus. Und wenn wir zu leise sind, dann würden die Steine schreien. Amen.

Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Orgel nach der Predigt

Fürbittengebet: Lieber Gott. Wir haben doch so viel Grund um fröhlich und dankbar zu sein. Mit so viel Liebe kommst du uns entgegen. So viel Hoffnung hat uns dein Sohn gebracht. Statt zu gehen, sollten wir tanzen. Statt zu reden, sollten wir von deiner Güte singen. Lenke unsere Blicke auf das Gute. Lehre uns die kleinen Dinge wertzuschätzen. Lass uns das nicht als normal hinnehmen, wenn es uns gut geht. Lasst uns dem Herrn antworten: Alle: Herr, erbarme dich.

Wir können so viel Gutes tun in unserer Nähe. So viel bewirken in unserer Nachbarschaft. Lass uns Freude verbreiten und keinen Ärger. Lass uns nach den anderen sehen und ihnen helfen, wo sie Hilfe brauchen. Aufhören zu jammern, wenn man auch Zuversicht verbreiten könnte. Selbst machen und Probleme lösen, statt das auf andere zu schieben. Lasst uns dem Herrn antworten: Alle: Herr, erbarme dich.

Lass uns im Chor der ganzen Menschheit singen. Partei ergreifen, für alle, denen es schlechter geht. Offene Arme für die, die vertrieben werden. Die vor Krieg und Gewalt flüchten. Gerechtigkeit denen, die leiden müssen, damit wir in Wohlstand leben. Lass uns ein Lied singen von einer Welt, in der einer an den anderen denkt. In der Grenzen überwunden, statt dicht gemacht werden. In der geteilt und nicht gerafft wird. Wo das Leid der Kleinsten und der Schwächsten nicht übersehen, sondern aus der Welt geschafft wird. Alle: Herr, erbarme dich.

Alle : Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Eine/r: Und nun geht hin im Frieden des Herrn!

Segen: Der HERR segne dich und behüte dich. Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei der gnädig. Der HERR erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden. Amen.

Orgel zum Abschluss

Links, unter anderem genannte und ungenannte Lieder:

“Es ist an der Zeit” von Hannes Wader.

“Was wollen wir trinken?” von Bots.

“Keine Macht für Niemand” von Ton Steine Scherben.

“Time” von Pink Floyd.

“Suzanne” von Leonard Cohen.

Link zu der Liedsammelaktion für das neue Gesangbuch

 

Ein Kommentar

  1. Hallo.
    In den Kommentaren könntet ihr eigentlich mal selbst Lieder nennen oder verlinken, die für euch eine besondere Bedeutung haben. Das würde mich interessieren.

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