„Du bist ein Gott, der mich sieht!“ Sagt Hagar.
Hagar, das ist die Magd von Sara, Abrahams Frau. Von ihr erzählt die Bibel im ersten Buch Mose.
Normalerweise würde von Hagar gar nicht berichtet werden. Denn sie ist eine Magd. Sie ist damit – nach den Kriterien der damaligen Zeit – gar nicht erwähnenswert. Trotzdem erzählt die Bibel von ihr.
Sara, Hagars Chefin, wird und wird nicht schwanger. Obwohl Gott versprochen hat, aus Abraham ein großes Volk zu machen. Irgendwann entsteht die Idee, Abraham könnte doch mit Hagar ein Kind bekommen.
Dann würde doch alles gut werden.
Wird es aber nicht.
Hagar wird zwar schwanger. Aber nun bekommen Hagar und Sara Schwierigkeiten miteinander. Der Konflikt eskaliert. Hagar flieht in die Wüste.
Wüste. Weit und breit kein Mensch. Eher ein Ort zum Sterben als ein Ort zum Leben.
Aber: In der Wüste, so erzählt die Bibel, wird Hagar gefunden. Von einem Engel, einem Boten Gottes. Happy End, könnte man denken.
Doch so einfach ist das Leben nicht. Das gibt es nur in Filmen. In der unserer Wirklichkeit geht es nicht so leicht.
Denn der Engel schickt Hagar zurück zu ihrer Herrin. Es gibt keine Lösung, die ihr Leben auf einen Schlag einfach macht. Sie wird nicht aus dieser komplizierten Situation mit ihrer Chefin Sara befreit.
Das Einzige, was sie bekommt, ist ein Versprechen: Ihr Sohn wird der Stammvater eines großen Volkes werden. Denn Gott hat das Elend der Hagar erhört.
Und damit verändert sich für Hagar Entscheidendes. Sie weiß: Ich bin wahrgenommen. Ich werde nicht übersehen. Ich werde gesehen.
„Du bist ein Gott, der mich sieht.“
Mehr nicht. Aber auch nicht weniger.
Das ist doch auch unsere Erfahrung: Probleme, Schwierigkeiten, Herausforderungen verschwinden nicht.
Das Coroana-Virus ist nicht einfach weg.
Genauso wenig wie die Probleme auf der Arbeit sich auflösen.
Oder der pubertierende Sohn wieder zu einem Menschen wird, mit dem man vernünftig reden kann.
Ich finde es gut, dass die Bibel ehrlich ist. Probleme lösen sich nicht mit einem Schlag auf. Und Weglaufen hilft meistens auch nicht.
Aber es gilt das, was Hagar begreift: „Du bist ein Gott, der mich sieht!“
Nicht mehr. Aber auch nicht weniger.
Pastor Klaus-Markus Kühnel
St. Johannis Dannenberg
11. Kalenderwoche