Das Herz von Dschenin
An den letzten Montagen konntet Ihr hier lauter Radioandachten aus der selben Reihe hören. Es waren ausgedachte Geschichten über clevere Kleinkinder, beherzte Bedienungen, großzügige Nachbarinnen und einen Ladenbesitzer mit Verständnis für eine junge Ladendiebin. Alles kleine Alltagssgeschichten, in der die Hauptfigur den Lauf der Dinge ins Gute dreht. Sie dreht ihn ins Gute, weil sie sich anders verhält, als es zu erwarten wäre.
Die nächste Geschichte ist nicht ausgedacht, sondern in Wirklichkeit so passiert. Und es ist keine kleine Geschichte, sondern sie beschreibt einen mehr als außergewöhnlichen Fall. Ich habe noch nie von einem Menschen gehört, der auch nur annähernd so die Größe gehabt hätte, das erlittene Leid in etwas Gutes zu wenden.
Was da geschehen ist, ist tief traurig. Was daraus wurde, ist für mich das eindrücklichste Beispiel für geliebte Nächsten- oder Feindesliebe, das ist kenne. Diese Andacht wurde in der Reihe „Zwischen Himmel und Erde“ am 3. Juni auf Radion NDR1 Niedersachsen gesendet:
Das Herz von Dschenin.
„Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“
Ahmed spielt mit seinen Freunden auf der Straße Soldat. Mit Spielzeuggewehren zielen sie aufeinander. „Peng! Peng!“ Wer getroffen ist, muss liegen bleiben.
Als eine Patrouille israelischer Soldaten um die Ecke kommt, legt der Junge wieder an. Da kracht ein echter Schuss. Ahmed bricht getroffen zusammen. Er wird mit einem Kopfschuss ins Krankenhaus von Haifa gebracht. Dort kann nur noch der Tod des Jungen festgestellt werden.
Eine wahre Geschichte. So geschehen 2005 in Dschenin, einer palästinensischen Stadt im Westjordanland. Ein tragischer Fall in einem vom Hass zerrissenen Land.
Aber was passiert danach? Ehrlich gesagt: Ich hätte es verstanden, wenn Ahmeds Eltern sich dem Hass hingegeben hätten. Wenn sie von da an den Soldaten oder gleich allen Israelis nur noch Böses wünschen würden.
Doch Ahmeds Vater und seine Mutter handeln anders. Die Eltern geben den Körper ihres Sohnes zur Organspende frei. Sie machen damit möglich, dass kranke israelische Kinder mit den Organen ihres Jungen weiterleben können.
Als ich von dieser wahren Begebenheit das erste Mal las, kamen mir die Tränen. Ich war so fassungslos angesichts der Größe und der Güte dieser Eltern. Obwohl oder auch weil man ihnen so viel Leid angetan hatte.
Wie kamen sie dazu? Ich vermute, die beiden sahen so eine Möglichkeit, dem Tod ihres Sohns einen Sinn zu geben. Vielleicht wollten sie anderen Eltern einen Verlust ersparen, den sie so bitter erlitten haben. Oder es waren einfach nur sehr gute Menschen.
Wissen Sie, für mich ist diese große Tat ein Zeichen der Hoffnung. Dass der Frieden nicht verloren ist, so lange es solche Menschen gibt wie Ahmeds Eltern. Dass es überhaupt Menschen auf dieser Erde gibt, die die Welt zum Guten wenden können. Weil sie dem Bösen nicht nachgeben, so verständlich das auch wäre. Weil ihr Glaube an das Gute stärker ist. So lange es solche Menschen gibt, habe ich noch Hoffnung. Deshalb gebe ich die Hoffnung nicht auf.
Ahmeds Organe retteten sechs israelischen Kindern das Leben.
„Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“
Das neunzigste kleine Licht.
Bleiben Sie gesund oder werden Sie gesund.
Ihr Pastor Jörg Prahler
Hier und hier könnt Ihr noch mehr über die Hintergründe dieser Ereignisse erfahren. Und hier könnt Ihr Euch den Dokumentarfilm ansehen, der über die Geschehnisse gedreht wurde:
Das “kleine Licht” erscheint jeden Abend auf der Startseite von Evangelisch-im-Wendland.de und auf der Homepage der Kirchengemeinden Damnatz, Langendorf und Quickborn. Sie können diese Andacht, diesen Impuls oder Gedanken gut in ein Abendgebet einbauen. In Damnatz, Langendorf und Quickborn läuten dazu jeden Abend, außer am Wochenende von 19.15 bis 19.20 Uhr die Glocken. Für das Abendgebet können Sie eine Kerze anzünden. Die Kerze können Sie danach um 19.30 Uhr auf ein Fensterbrett in Richtung Straße stellen. Das ist ein Zeichen der Hoffnung, dass sich zur Zeit ganz viele Menschen in Lüchow-Dannenberg gegenseitig geben.
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Mich macht diese Geschichte unendlich traurig und gleichzeitig gibt sie mir viel Mut für die Zukunft. Ich bewundere diese Familie für ihre Entscheidung.
Ich weiß nicht, ob ich dazu fähig gewesen wäre.