Kleine Predigt für den zweiten Sonntag nach Ostern

Predigt für den zweiten Sonntag nach Ostern

Stark sein und auf Gewalt verzichten

Eigentlich bin ich ja ein friedlicher Mensch. Nur wenn es um Gerechtigkeit geht, gerade um die Rechte Schwächerer, dann werde ich manchmal einfach nur noch wütend. Dann möchte schlechte Menschen am Kragen packen und sie ordentlich durchschütteln. Dann möchte ich gemeinen und schamlosen Menschen auf die Nase boxen. Eigentlich.

Mal abgesehen davon, dass ich mich nicht als Richter aufschwingen möchte, ist das auch nicht meine Art. Denn eigentlich bin ich ja ein friedlicher Mensch.

Aber trotzdem ging es so auch den guten und anständigen Leuten, als der beste Mensch getötet wurde, der je auf Erden gelebt hat. Als sie Jesus gefangen, gefoltert und ans Kreuz geschlagen haben. Einer von seinen Jüngern hatte schon das Schwert gezogen und einen der Schergen verletzt. Im Johannesevangelium wird gesagt, dass Petrus dieser Schwertschwinger gewesen sei. Jesus hat dem Einhalt geboten. Keine Gewalt, um ihn zu befreien.

Dann sind die Jünger weggelaufen und haben sich versteckt. Wahrscheinlich mit der Faust in der Tasche und mit schwarzem Groll im Herzen: „Wären wir doch nur mit Gewalt dazwischen gegangen“ oder „Könnten wir es ihnen doch nur heimzahlen“. Böse und zugleich sehr menschliche Gedanken.

Mit der Faust auf den Tisch oder in ein böses Gesicht hauen. Das Gute mit Gewalt durchsetzen. Sich wenigstens wehren können gegen das empfundene Unrecht.

Ein paar Jahre später. Jesus war auferstanden, aber er hatte die Welt schon lange wieder verlassen. Überall waren inzwischen christliche Gemeinden entstanden. Aber auch viele von diesen Gemeinden wurden bedrängt und hatten unter Verfolgungen zu leiden. Viele Christen wurden schlecht behandelt, verleumdet, manche sogar getötet. Viele Christen gehörten ohnehin zu den Ärmsten und Verachtetsten in ihrer Umgebung. Viele von ihnen waren Sklaven.

Da schreibt der gleiche Petrus: „Christus hat für euch gelitten.

Er hat euch ein Beispiel gegeben, damit ihr ihm in seiner Fußspur nachfolgt. Er hat keine Schuld auf sich geladen und aus seinem Mund kam nie ein unwahres Wort. Wenn er beschimpft wurde, gab er es nicht zurück. Wenn er litt, drohte er nicht mit Vergeltung. Sondern er übergab seine Sache dem gerechten Richter.

Er selbst hat unsere Sünde mit seinem eigenen Leib hinaufgetragen an das Holz. Dadurch sind wir für die Sünde tot und können für die Gerechtigkeit leben. Durch seine Wunden seid ihr geheilt.

Ihr wart wie Schafe, die sich verirrt hatten. Aber jetzt seid ihr zu eurem Hirten und Beschützer zurückgekehrt.

Sich ein Beispiel an Jesus nehmen. Unrecht nicht mit Unrecht vergelten. Auch Beleidigungen und Beschimpfungen nicht mit selber Münze zurückzahlen. Und irgendwie muss das geklappt haben.

Hätten sich die Christen mit Gewalt gegen ihre Peiniger zur Wehr gesetzt, man hätte sie wahrscheinlich einfach alle totgeschlagen. Aber die meisten Christinnen und Christen galten in der Antike als besonders friedlich, freundlich und geduldig. So wuchs die Kirche trotz der Verfolgung. Aber wie konnte das passieren?

Über die Anfänge des Christentums im römischen Reich ist nicht so viel überliefert. Deswegen will ich bis fast in unsere Zeit springen. Bis in die 50er und 60er Jahre des letzten Jahrhunderts in den USA. Damals gab es dort noch die Rassentrennung und die afroamerikanische Bevölkerung wurde wie Menschen zweiter Klasse behandelt. Den Widerstand gegen diese Unterdrückung führte der Pastor und Bürgerrechtler Martin Luther King an.

Martin Luther King (Mitte) 1963 auf dem Marsch nach Washington

Foto: Rowland Scherman – U.S. National Archives and Records Administration

Kennzeichen des von ihm angeführten Protestes war das Bekenntnis zur Gewaltlosigkeit. Egal welche Ungerechtigkeiten und welche Brutalität ihnen entgegenschlagen mochte, der Protest musste friedlich bleiben. Und so baute die Bürgerrechtsbewegung der Druck für Reformen immer weiter auf. Und auch wenn die Demonstranten gegen die Rassentrennung Demütigungen, Gewalt und sogar Morde erdulden mussten, die Front ihrer Gegner brach schließlich zusammen. Die rechtliche Gleichstellung wurde durchgesetzt.

Die Gewaltlosigkeit war der Schlüssel dazu. Denn auf Gewalt hätte der Staat mit Gegengewalt reagieren können und hätte dafür viel Zustimmung unter der weißen Bevölkerung erhalten. Gewalt gegen Gewaltlose konnte die Regierung aber auf Dauer nicht rechtfertigen. So wurde die Rassentrennung abgeschafft.

Das lässt sich im privaten wie im politischen Bereich beobachten. Gewalt führt selten zu was Gutem. Und Gewalt führt selten zu dauerhaften Lösungen.

Ein Schläger, den ich in die Schranken weise, kommt bei der nächsten Gelegenheit mit zwei kräftigen Kumpels zurück. Ein ungerechter Staat wird einfach seine Unterdrückung verstärken. Eine ungerechte Gesellschaft wird sich nur weiter verhärten.

Es braucht Geduld und Opferbereitschaft und viel Liebe zu den Menschen, um Ungerechtigkeiten zu überwinden und aus der Welt zu schaffen. Sogar Liebe zu Menschen, die einen hassen und verachten.

Das ist kein Zeichen der Schwäche, auf Gewalt zu verzichten. Im Gegenteil: Es ist ein Zeichen von viel größerem Mut und viel größerer Hoffnung. Daraus wächst das nötige Durchhaltevermögen.

Sehr bald schon lebten viel mehr Christinnen und Christen im römischen Reich als in Israel. Jesus fand also auf lange Sicht viele Anhänger gerade bei den Römern, die ihn doch eigentlich ans Kreuz geschlagen hatten.

Amen.

Was ich noch sagen wollte: Jahrzehnte nach der Überwindung der Rassentrennung in den USA wurde in Südafrika unter Nelson Mandela der friedliche Kampf gegen die Apartheid gewonnen. Der folgende Song ist so was wie die inoffizielle Nationalhymne von Südafrika. Es ist von unsere Kirche als passendes Lied extra für den heutigen Predigttext vorgeschlagen.

Der Song gehört auch zum Repertoire des Quickborner Gospelprojekts. Hier könnt ihr eine ziemlich lebhafte Fassung der Soul Children of Chicago anhören.

Viel Spaß dabei.

Sonntags und an Feiertagen finden Sie einen anderen Gebetsablauf und eine kurze Predigt auf dieser Seite und auf den Seiten der Kirchengemeinden Damnatz, Langendorf und Quickborn. Sie können mit Hilfe dieses Ablauf allein oder mit der Familie einen Gottesdienst feiern. Für all das läuten als Startsignal von 10 bis 10.15 Uhr die Glocken in allen drei Kirchen.

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Ein Kommentar

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