Ein Hoffnungsschimmer von Lesbos
Wohl nirgendwo sonst zeigt sich das Scheitern Europas so deutlich wie auf der Insel Lesbos.
Die griechische Insel liegt direkt vor der Küste der Türkei. Deshalb machen sich gerade dort immer wieder Flüchtlinge auf den Weg von dort aus nach Europa. Die ersten Flüchtlinge auf Lesbos wurden von den Bewohnern noch freudig aufgenommen. Die Bürgerinnen und Bürger brachten den Ankömmlingen Kleidung und Essen.
Doch dann zeigte sich, dass die Gesetze der Europäischen Gemeinschaft für die Bewältigung dieser Flüchtlingskrise ungeeignet sind. Danach gilt nämlich, dass alle Flüchtlinge bis zu ihrer Anerkennung oder bis zu ihrer Abschiebung in dem Land bleiben sollen, wo sie Europa zuerst betreten haben. Das heißt: Fast alle Flüchtlinge, die sich von Afghanistan, Irak, Iran und Syrien über die Türkei auf den Weg machen, landen fast automatisch in Griechenland. Deutschland, Polen, Niederlande, Dänemark… sind hingegen fein raus.
Aber ausgerechnet das kleine Griechenland ist seit der Euro-Krise hoch verschuldet und wirtschaftlich ohnehin sehr schwach.
Doch die anderen Staaten der Europäischen Gemeinschaft lassen Griechenland in der Flüchtlingskrise weitgehend im Stich. Die reichen Länder im Norden wollen bloß nicht zu viele Flüchtlinge aufnehmen. Die Länder im Osten am besten überhaupt keine.
Und die griechische Regierung lässt die Menschen auf Lesbos mit ihren Problemen alleine: Die ankommenden Flüchtlinge werden nur schleppend und in zu kleiner Zahl von dort aufs Festland geholt. Das Flüchtlingslager auf Lesbos quillt über. Wo eigentlich nur Platz für 3.000 Menschen ist, werden inzwischen fast 20.000 Männer, Frauen und Kinder zusammengepfercht. Die Menschen sind verzweifelt. Die hygienischen Zustände sind katastrophal. Wenn in so einem Flüchtlingslager ein Mensch erkrankt, kann sich das Virus explosionsartig vermehren.
Zugleich kamen wegen der Flüchtlinge in den letzten Jahren viel weniger Touristen auf die Insel. Viele Einheimische haben deswegen ihre Arbeit verloren. Die Stimmung hat sich gedreht.
In der letzten Wochen wurde von rechtsradikalen Schlägerbanden berichtet. Die haben zuerst Flüchtlinge auf Lesbos zusammengeschlagen. Danach machten sie auch Jagd auf Journalisten und auf Helfer der Flüchtlingsorganisationen. Die Lage hat sich in den letzten Wochen und Monaten immer weiter zugespitzt.
Und wo, bitteschön, soll gerade da ein Hoffnungsschimmer zu sehen sein?
Ausgerechnet an der unwahrscheinlichsten Stelle, die sich denken lässt. In dem Flüchtlingslager gibt es Nähmaschinen. Und es gibt dort viele Frauen, die sehr gut nähen können. Jetzt hat eine Gruppe afghanischer Frauen angefangen, aus dem Baumwollstoff statt Kleidern Mundschutze zu nähen. Jeden Tag fertigen sie hunderte dieser Masken. Und sie verteilen sie im Flüchtlingslager. Und sie verschenken sie aber auch an die Bewohnerinnen und Bewohner von Lesbos.
Diese Flüchtlingsfrauen wurden von den meisten Einheimischen nur noch als eine Last angesehen. Aber jetzt helfen sie, um auf der Insel die Seuche in den Griff zu kriegen.
Ich hoffe, dass diese Aktion die Menschen auf Lesbos zum Nachdenken bringt. Und die Schläger und die Hetzer zum Umdenken. Und auch die Menschen bei uns und anderswo in Europa sollten an diesem Beispiel etwas lernen.
So ein Virus kennt keine Grenzen. Es unterscheidet nicht zwischen Muslim oder Christ. Zwischen Asiat, Europäer oder Afrikaner. Das Virus greift Menschen an. Jeden Alters, jeder Herkunft und jeder politischen Einstellung. Und wenn wir alle zusammen angegriffen werden, sollten wir uns dann nicht auch alle zusammen wehren? Alle Menschen gemeinsam?
Mir erscheint das logisch. Probleme löst man miteinander und niemals gegeneinander. Die afghanischen Frauen auf Lesbos haben das längst schon begriffen.
1. Johannesbrief, Kapitel 3, Vers 11: „Denn das ist die Botschaft, die ihr gehört habt von Anfang an, dass wir uns untereinander lieben sollen.“
Das zehnte kleine Licht.
Bleiben Sie gesund. Werden Sie gesund.
Ihr Pastor Jörg Prahler
Das “kleine Licht” erscheint jeden Abend hier und auf der Homepage der Kirchengemeinden Damnatz, Langendorf und Quickborn. Sie können diese Andacht, diesen Impuls oder Gedanken gut in ein Abendgebet einbauen. In Damnatz, Langendorf und Quickborn läuten dazu jeden Abend von 19.15 bis 19.20 Uhr die Glocken. Für das Abendgebet können Sie eine Kerze anzünden. Die Kerze können Sie danach um 19.30 Uhr auf ein Fensterbrett in Richtung Straße stellen. Das ist ein Zeichen der Hoffnung, dass sich zur Zeit ganz viele Menschen in Lüchow-Dannenberg gegenseitig geben.
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