Worte zur Besinnung – EJZ am 23.11.2024
Michael Ketzenberg, Breselenz, Pastor in Lüchow und Plate
Trotzig
Mit dem morgigen Ewigkeitssonntag endet das Kirchenjahr. Und in den Gottesdiensten an diesem Sonntag wird immer traurige Bilanz gezogen: Wir erinnern uns an die Verstorbenen aus dem vergangenen Jahr. Und wir rechnen in den Kirchenbüros aus, wie viele es waren. Damit wir auch die entsprechende Anzahl an Kerzen bereithalten, die wir in den Gottesdiensten anzünden, wenn wir noch einmal die Namen vorlesen. In der Gesamtkirchengemeinde Lüchow-Plate allein waren es z. B. 77 Verstorbene – ca. 20 weniger als im Jahr davor, aber doch eine erhebliche Menge. Das bedeutet ja auch, dass meine Kollegin und ich mit im Schnitt 35 Beerdigungen haben und jeweils ungefähr alle 1 bis 1,5 Wochen auf dem Friedhof sind. Das haut nicht immer genau so hin, mal hat die eine mehr, mal der andere. Aber im Schnitt ist es wohl so. Und je länger ich nachrechne und Namen zähle merke ich, wie schnell aus Namen und Geschichten und Erinnerungen der jeweils einzelnen Menschen plötzlich Zahlen werden und die Erinnerungen verblassen. Und das geht ja nicht nur uns so. Das geht ja besonders auch früher oder später den Familien und Angehörigen und Freunden so. Erinnerungen verblassen, je länger die Zeit voranschreitet. Und irgendwann bleibt der Name auf dem Grabstein. Und nochmal irgendwann ist auch der nicht mehr da.
Ist das alles mit unserem Leben? War’s das dann? Wenn es so wäre, dann hätte der Name „Ewigkeitssonntag“ wenig Sinn. „Vergänglichkeitssonntag“ müsste er heißen. Aber trotzig wie unser Glaube nun mal ist, heißt er eben nicht so. Trotzig, weil wir vertrauen: Der Tod ist nicht das letzte. Er möchte es so gerne sein. Möchte so gerne siegen und alle Erinnerungen und Namen verschlingen bis nichts mehr ist. Aber es gelingt ihm nicht. Denn trotzig hält Jesus dagegen mit einem simplen Satz: „Freut Euch, dass Eure Namen im Himmel geschrieben sind.“ (Lukas 10,20). So ist Jesus ja immer. Grinst trotzig allem entgegen, was das Leben schwer und hoffnungslos macht.
Ich weiß ja nicht, wie das genau aussieht, was er mit dem Satz meint. Aber es ist eine schöne Vorstellung: Wie er in einem großen Buch blättert, Namen für Namen durchgeht. Bei jedem Namen lächelt. Und wie er den einzelnen, die da bei ihm sind, zuruft: „Komm mal her, schau mal, hier steht Dein Name.“ Und dann schauen sie beide. Und lächeln sich an. Und der Tod ärgert sich.