Angedacht: “Der Wow-Effekt”

Die Hochzeitssaison hat begonnen. Segen für zwei Menschen, die zueinander „Ja!“ sagen. Die Brautpaare, Eltern und Freunde sind langfristig und intensiv beschäftigt: Der Gottesdienst und die Hochzeitsfeier werden sorgfältig geplant und organisiert, damit alles perfekt wird. Das soll es sein: perfekt. Möglichst der schönste Tag im Leben.

Das ist ein sehr hoher Anspruch. Das beginnt schon beim Gottesdienst, in dem es nach Möglichkeit einen „Wow!-Effekt“ geben soll. Diese Erwartung gab es früher noch nicht. Früher sollte alles möglichst schön sein. Jetzt soll etwas ganz Besonderes dabei sein: Der Auftritt der Braut. Die Art und Weise, wie die Ringe zum Brautpaar gebracht werden. Oder die Art der Musik und ihre Darbietung.

Das alles kann sehr schön sein. Und zugleich kann es das Brautpaar ungeheuer unter Druck setzen: Es ist schwer, wenn Erwartungen so hoch sind, dass sie fast nicht erfüllt werden können. Dann kann Enttäuschung näher liegen als Freude. Oder ein fröhliches Fest kann sich in eine Leistungsschau verwandeln.

Letztes Wochenende war ich zu einer Hochzeit eingeladen. Beide Brautleute waren schon älter, waren lange geschieden oder verwitwet. In ihrem Leben haben beide viele schöne Tage erlebt. Und vielleicht fing der schönste Tag davon ganz unspektakulär an. Schönste Tage kann man selten auf Bestellung machen.

Jetzt, bei der Hochzeit, war es das Allerschönste, dass die beiden einander gefunden haben. Entgegen jeder Erwartung. Ein Segen! Und der Wow-Moment im Gottesdienst war für alle das tiefe Glück und die Freude, mit dem das lebenserfahrene Brautpaar sich immer wieder angeschaut hat: „Lobe den Herrn, meine Seele! Und vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.“ (Psalm 103)

Worte zur Besinnung zum 2. Juli von Schulpastorin Jeanette Kantuser