Kurz vor Weihnachten auf dem Friedhof.
Nachdem sie ihre Arbeit erledigt haben, treffen sich die sechs Sargträger im Raum der Friedhofsgärtner mit dem Bestatter. Nach einer Weile verlassen sie einer nach dem anderen den Raum. Jeder hält eine Flasche in der Hand. Es ist die diesjährige Weihnachtsgabe des Bestatters.
„Oh,“ sagt die Organistin. „Ihr bekommt jeder eine Flasche. — Aber ich bekomme eine Umarmung!“ Und dann lässt sie sich von dem Bestatter in den Arm nehmen.
„Ich hätte auch lieber eine Umarmung!“, sagt daraufhin einer der Träger.
Mir geht es genauso. Ich brauche die Umarmung, in der ich spüren kann, dass es jemand gut mit mir meint. Oder Worte, in denen ich erkennen kann, dass ich mit dem gesehen worden bin, was mich bewegt.
Das ist manchmal viel mehr als ein noch so wertvolles Geschenk, dass mich nicht berührt, dass ich am liebsten möglichst schnell nach Weihnachten wieder umtauschen möchte.
Und es ist allemal viel mehr und viel besser, hilft mehr zum Leben, mehr zu einem Miteinander als jedes gedankenlose Wort, ganz zu schweigen von hasserfüllter Rede.
„Welche der Geist Gottes treibt, die sind Gottes Kinder.“ So lautet das kirchliche Motto für diesen Sonntag.
Es geht genau darum: Spüren lassen, dass ich es gut mit jemandem meine. Darauf achten, was mein Gegenüber bewegt. Zuhören, wenn er oder sie redet. Nachfragen, ob ich das Gesagte auch wirklich verstanden habe.
Und wenn das nicht gelingt, dann wenigstens zuhören statt zuschlagen, egal ob mit Worten oder Fäusten.
Denn vielleicht geht es im Tiefsten immer nur um genau das: „Ich hätte auch lieber eine Umarmung!“
Worte der Besinnung zum 1. Sonntag nach Epiphanias
EJZ am 8.1.2022
von Klaus-Markus Kühnel, Pastor in Dannenberg