Orgel zum Beginn
Es soll nicht durch Heer oder Kraft, sondern durch meinen Geist geschehen, spricht der HERR Zebaoth (Sacharja 4,6)
Eine/r:Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Alle: Amen. Eine/r: Unsere Hilfe kommt von Gott, unserem Herrn, Alle: der Himmel und Erde gemacht hat.
Psalm 118: Dies ist der Tag, den der HERR macht; lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein. O HERR, hilf! HERR, lass wohlgelingen! Gelobt sei, der da kommt im Namen des HERRN! Wir segnen euch vom Haus des HERRN. Der HERR ist Gott, der uns erleuchtet. Schmückt das Fest mit Maien bis an die Hörner des Altars! Du bist mein Gott, und ich danke dir; mein Gott, ich will dich preisen. Danket dem HERRN; denn er ist freundlich, und seine Güte währet ewiglich.
Alle sprechen: Ehre sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist, wie es war im Anfang, jetzt und immerdar, und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.
Einer: Kyrie eleison. Alle: Herr, erbarme dich. Einer: Christe eleison. Alle: Christe, erbarme dich. Einer: Kyrie eleison. Alle: Herr, erbarm dich über uns.
Eingangsgebet: Lieber Gott. Pfingsten ist das Fest, an dem du uns deinen heiligen Geist geschenkt hast. Einen Geist, der die Menschen dieser Welt miteinander verbindet. Deinen Geist, der deine Botschaft über alle Grenzen hinausträgt. Der uns Menschen zusammenführt. Lass uns deine Kraft spüren. Auch hier und heute in diesem Gottesdienst. Alle: Amen
Lied EG 501: Wie lieblich ist der Maien
1. Wie lieblich ist der Maien aus lauter Gottesgüt, / des sich die Menschen freuen, weil alles grünt und blüht. / Die Tier sieht man jetzt springen / mit Lust auf grüner Weid, / die Vöglein hört man singen, / die loben Gott mit Freud.
2. Herr, dir sei Lob und Ehre für solche Gaben dein! / Die Blüt zur Frucht vermehre, lass sie ersprießlich sein. /Es steht in deinen Händen, dein Macht und Güt ist groß; / drum wollst du von uns wenden Mehltau, Frost, Reif und Schloß’.
3. Herr, lass die Sonne blicken ins finstre Herze mein, / damit sich’s möge schicken, fröhlich im Geist zu sein, / die größte Lust zu haben allein an deinem Wort,
das mich im Kreuz kann laben und weist des Himmels Pfort.
Lesung des Predigttextes: 1. Buch Mose, Kapitel 11, 1-9: Es hatte aber alle Welt einerlei Zunge und Sprache. Als sie nun von Osten aufbrachen, fanden sie eine Ebene im Lande Schinar und wohnten daselbst. Und sie sprachen untereinander: Wohlauf, lasst uns Ziegel streichen und brennen! – und nahmen Ziegel als Stein und Erdharz als Mörtel und sprachen: Wohlauf, lasst uns eine Stadt und einen Turm bauen, dessen Spitze bis an den Himmel reiche, dass wir uns einen Namen machen; denn wir werden sonst zerstreut über die ganze Erde.
Da fuhr der HERR hernieder, dass er sähe die Stadt und den Turm, die die Menschenkinder bauten. Und der HERR sprach: Siehe, es ist einerlei Volk und einerlei Sprache unter ihnen allen und dies ist der Anfang ihres Tuns; nun wird ihnen nichts mehr verwehrt werden können von allem, was sie sich vorgenommen haben zu tun. Wohlauf, lasst uns herniederfahren und dort ihre Sprache verwirren, dass keiner des andern Sprache verstehe! So zerstreute sie der HERR von dort über die ganze Erde, dass sie aufhören mussten, die Stadt zu bauen.
Daher heißt ihr Name Babel, weil der HERR daselbst verwirrt hat aller Welt Sprache und sie von dort zerstreut hat über die ganze Erde.
Alle: Halleluja
Glaubensbekenntnis: Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.
Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen zu richten die Lebenden und die Toten.
Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.
Lied EG 503: Geh aus mein Herz und suche Freud
1. Geh aus, mein Herz, und suche Freud / in dieser lieben Sommerzeit / an deines Gottes Gaben;/ Schau an der schönen Gärten Zier, / und siehe, wie sie mir und dir / sich ausgeschmücket haben.
2. Die Bäume stehen voller Laub, / das Erdreich decket seinen Staub / mit einem grünen Kleide; / Narzissus und die Tulipan, / die ziehen sich viel schöner an / als Salomonis Seide.
3. Die Lerche schwingt sich in die Luft, / das Täublein fliegt aus seiner Kluft / und macht sich in die Wälder; / die hochbegabte Nachtigall / ergötzt und füllt mit ihrem Schall / Berg, Hügel, Tal und Felder.
8. Ich selber kann und mag nicht ruhn, / des großen Gottes großes Tun / erweckt mir alle Sinnen; / ich singe mit, wenn alles singt, / und lasse, was dem Höchsten klingt, / aus meinem Herzen rinnen.
Predigt: Meine Großeltern waren einfache Leute. Beide Großmütter waren Hausfrauen. Die eine hat noch etwas Geld dazu verdient, indem sie bei reichen Leuten putzte. Mein einer Großvater war Hilfsarbeiter auf dem Bau. Der andere war Kraftfahrer. Auch wenn das bedeutete, dass er im Anzug einen dicken Mercedes fahren und den Chef vom Landessozialgericht chauffieren durfte. Manchmal fuhr er auch wichtige Dokumente nach Braunschweig oder Kassel.
Alle vier hatten nur die Volksschule besucht. Wie die allermeisten ihrer Generation. Keiner von den vieren hatte in der Schule irgendeine Fremdsprache gelernt. Kein Englisch und erst recht kein Französisch. Es mag sein, dass mein Kraftfahrer-Großvater im Krieg ein paar Brocken Russisch und in der Kriegsgefangenenschaft ein paar Brocken Englisch aufgeschnappt hat. Das heißt, er konnte bis zehn zählen, „Guten Tag“ und „Bitte“ und „Danke“ sagen. Er hatte Glück. Seine Arbeit als Kriegsgefangener bestand darin, einem englischen Major in Celle als Chauffeur zu dienen. Aber richtig beherrscht, hat er diese Sprachen nie.
Ich wüsste nicht, dass meine Großeltern jemals ins Ausland verreist sind. Wenn, dann höchstens mal kurz von Bayern aus einen Tag rüber über die Grenze nach Österreich. Sie hörten keine englischsprachige Musik, sondern nur deutsche Schlager. Es machte sie unsicher, wenn jemand in einer Sprache sprach, die sie nicht verstanden. Als ob ich denn immer alles übersetzen könnte, was da gerade so auf Englisch im Radio läuft.
Dabei hatten meine Großeltern nichts gegen Ausländer. Ich habe nie ein böses Wort von ihnen über sie gehört. Und sie liebten Vicco Torriani, Vicky Leandros, Mireille Mattieu, Julio Iglesias oder Chris Howland. Sängerinnen und Sänger, die zu der Zeit deutsche Schlager mit deutlich ausländischem Akzent sangen. Auch keine abfällige Bemerkungen über die türkischen Familien, die mit ihrer großen Schar von Kindern acht Häuser weiter in einer Nebenstraße wohnten.
Aber sie hatten eben auch keinen Kontakt. Sie wären nie wie meine Eltern mit uns nach Italien, Spanien oder Dänemark gefahren. Weil sie die Sprache dort eben nicht verstanden und weil sie sich eben auch nicht mit Englisch verständlich machen konnten. So trauten sie sich praktisch nicht aus Deutschland heraus.
Aber nach dem Zweiten Weltkrieg sollte jedes Kind in Deutschland die Gelegenheit haben, möglichst eine Fremdsprache zu lernen: Sogar die Volksschule, die meine Mutter besucht hat, bot eine freiwillige Englisch-AG an. Und für meinen Vater auf der Realschule war Englisch Pflicht. Und Französisch machte er freiwillig noch dazu. Heute lernen die Kinder schon in der Grundschule die ersten Brocken Englisch. Und ganz selbstverständlich gucken sich die älteren Kinder englischsprachige Videos auf Youtube an.
Französisch wurde in Deutschland sogar noch einmal besonders gefördert. Gerade zwischen französischen und deutschen Städten und Gemeinden wurden Partnerschaften geschlossen. Schüleraustausch. Und mit Arte gibt es sogar einen deutsch-französischen Fernsehsender. Die beiden Nachbarn sollen sich verstehen und gut miteinander klarkommen.
Heute gehört es sowieso zum guten Ton, dass eine Studentin irgendwo ein Auslandssemester gemacht hat. Und es macht sich gut im Lebenslauf, wenn ein Bewerber auf eine besondere Arbeitsstelle Auslandserfahrung vorweisen kann. Und wer seine Nachbarn beeindrucken will, der erzählt von seinen Reisen nach Vietnam, Kenia, Kuba oder Neuseeland. Nicht in den Harz oder an die Ostsee. Wichtig ist aber, dass man da Land und Leute kennengelernt hat und nicht nur die ganze Zeit im Hotel gesessen hat.
Andere Sprachen sprechen, andere Länder bereisen, fremde Kulturen kennenlernen. Das gilt als was Gutes. Ursprünglich eben auch, weil wir nach 45 dachten: Wenn wir uns gut verstehen mit den Franzosen, Engländern, Amerikanern, dann werden wir schon Frieden untereinander halten. Wenn wir reden, handeln und verhandeln mit den Russen und Chinesen, dann werden unsere Völker ruhig und einträchtig zusammenleben auf dieser großen, weiten Welt. Und genau so soll es sein mit den Menschen aus dem Iran, aus Ägypten und dem Sudan. Den anderen kennenlernen, miteinander reden, verhandeln, gut zusammen auskommen.
Dass wir einander kennen, miteinander sprechen können, voneinander wissen, ist doch tatsächlich der Schlüssel für eine friedlichere Welt. Ich meine, hätte Hitler 1939 Deutschland so einfach in einen Krieg gegen die halbe Welt führen können, wenn unsere Groß- und Urgroßeltern damals schon auf Schüleraustausch nach Paris oder Amsterdam gefahren wären? Wenn es damals einen regen Urlaubsverkehr hin und zurück nach Russland gegeben hätte? Oder eine Städtepartnerschaft mit Krakau oder mit Lodz?
Ich sage es mal so: Ich bin Jugendgruppen in Frankreich, Norwegen und Schweden gewandert und habe dort eigentlich nur freundliche Menschen getroffen. 1998 war ich zusammen mit den anderen Vikarinnen und Vikaren für sieben Tage in Polen. 1990 bin ich mit einer Freundin durch Schottland gewandert. Überall traf ich sehr gastfreundliche Menschen. Ehrlich gesagt, wird man wahrscheinlich als Fremder überall schneller und freundlicher in sein Haus aufgenommen als in Deutschland. Und wollte mir heute jemand erzählen, die Franzosen wären unsere Erzfeinde oder die Deutschen als Volk wäre was besseres als die Polen, dem würde ich was husten. Das ist Quatsch. Das ist eine Lüge. Ich war da. Ich habe es selbst erlebt: Alles nette Leute!
Dass wir selbst mit Menschen aus anderen Ländern sprechen können, das hat gewaltig dabei geholfen, in diesem Teil von Europa seit mehr als 75 Jahren Frieden zu halten. Selbst wenn wir uns dann dabei alle mit unserem eingerosteten Schul-Englisch abquälen müssen. Wenn Menschen sich verstehen und miteinander sprechen können, dann hält es sie doch am ehesten davon ab, mit Waffen aufeinander loszugehen.
Und das ist ja auch mit eines der Versprechen vom Pfingstwunder damals: Die Jünger gehen los in Jerusalem. Sie sprechen in allen möglichen Sprachen von der Liebe Gottes. So könnte sich die Menschheit einig sein. Über alle Grenzen hinweg. Egal, woher du kommst. Ganz egal, woher du bist, wie du aussiehst, was du machst. Und es ist doch so: Die Menschenrechte wurzeln doch auf christlichen Werten: Alle Menschen sind gleich viel wert. Über alle Grenzen, Kulturen und Sprachbarrieren hinweg. Wenn wir alle Kinder Gottes sind, dann sind wir automatisch auch alle Brüder und Schwestern.
Aber was soll dann bitteschön die alte Geschichte vom Turmbau zu Babel bedeuten? Dass Gott selbst die gemeinsame Sprache der Menschen zerstört hat. Ihre Einigkeit kaputt macht. Dass Gott selbst es gewesen sein soll, der eine geeinte Menschheit auseinander getrieben hat.
Wenn das so wäre, müsste ich Gott dann nicht alles anlasten, was später daraus geworden ist? Dass die Völker einander fremd waren, sich nicht mehr verstanden haben und aufeinander losgegangen sind? Wäre Gott dann nicht also schuld an all den Kriegen, an Nationalismus und Rassismus? An Millionen und Milliarden von Toten in der Geschichte von uns Menschen? Sinnlos dahin geschlachtet, weil die Menschen nicht mehr miteinander reden konnten? Weil sie deshalb ihre Streitigkeiten mit Gewalt geregelt haben. Mit Mord und mit Totschlag. Und das alles wegen eines blöden Turms, den sie in Babylon gebaut haben und deren einziges Vergehen sein sollte, dass dieser Turm zu hoch sein sollte?
All diese Fragen hätten eine Berechtigung, wenn das damals mit dem Turmbau zu Babel einfach so passiert gewesen wäre. Wenn das keine Legende wäre, sondern ein geschichtliches Ereignis beschrieben hätte, das irgendwann einfach genau so passiert wäre. Das glaube ich aber nicht und ihr solltet das auch nicht glauben.
Dass wir Menschen sprechen gelernt haben, das ist viele zehntausend, wenn nicht viele hunderttausend Jahre her. Und wenn unsere Vorfahren irgendwann einmal in grauer Vorzeit alle eine gemeinsame Sprache gesprochen haben sollten, dann hätte das mit Sprache im jetzigen Sinne noch nicht viel zu tun gehabt. Eher mit Grunzen und mit Knurren und mit Schreien. Auf jeden Fall ist unsere Sprache entstanden, lange bevor wir Menschen richtige Häuser bauen konnten. Geschweige denn einen vernünftigen Turm. Nämlich in der Zeit, als Urmenschen durch die Savanne streiften und gemeinsam auf die Jagd gingen. Oder als sie als Höhlenmenschen abends am Feuer ihr Wissen von den Alten an die Jungen weitergaben.
Doch wo diese menschlichen Gemeinschaften weit voneinander entfernt lebten, wo man nichts mehr von dem nächsten Stamm und der nächsten Horde hörte, da entwickelten sich die Sprachen langsam auseinander.
So wie in Deutschland bei den Dialekten, bevor es Fernsehen, Radio oder Zeitungen gab: Dass die in einer anderen Gegend erst mal einfach nur ein bisschen komisch sprechen. Oder für besondere Dinge andere Wörter benutzen. Bis die Unterschiede irgendwann so groß werden, dass eine neue Sprache entstanden ist. Bei der man schließlich kaum was oder gar nichts mehr versteht. Wie bei Niederländisch oder Dänisch oder Norwegisch, Englisch. Überall die Gleiche Wurzel wie die deutsche Sprache, aber doch inzwischen schon ziemlich anders Und je früher in der Geschichte das auseinander geht, desto fremder sind einem die anderen Sprachen. Bei Englisch erkennt man noch das ein oder andere wieder. Bei Suaheli oder Chinesisch ist es ganz vorbei. Dass es verschiedene Sprachen gibt, das hat also mit Gott nicht viel zu tun. Noch weniger mit Türmen oder mit Babylon.
Aber irgendwo muss diese Geschichte doch herkommen. Und aus irgendeinem Grund muss sie es ja ins Alte Testament geschafft haben. Tatsächlich gab es mal eine Zeit, in der die Israeliten viel mit den Babyloniern zu tun hatten. Das waren 60 Jahre ab dem Jahr 600 vor Christus. Zu der Zeit war Babylon das mächtigste Reich im ganzen Orient. Und das kleine Land Israel war von den Babyloniern besiegt und erobert worden. Und nicht nur das: Um in Israel Aufstände gegen ihre neuen Herren zu verhindern, hatten die Babylonier viele Männer und Frauen aus Israel verschleppt. Praktisch alle, die in Israel was zu sagen hatten. Dafür haben die Babylonier andere Leute in Israel eingesetzt, die die Zurückgebliebenen in Palästina beherrschen und regieren sollten. Der Gedanke dahinter: Die werden sich niemals einig werden, um sich gegen uns zu erheben.
Die Juden, die nach Babylonien verschleppt worden waren, die mussten dort als Fremde auf einmal in einer vollkommen anderen Kultur klarkommen. Und tatsächlich gab es in Babylonien auch so etwas wie Türme. Eigentlich waren das Zikurate. Eher so was wie eine Art Stufenpyramide. Das waren besondere Tempel mit mehreren Stockwerken, die nach oben hin immer schmaler wurden. Und der Gedanke der Babylonier dabei war tatsächlich, dass man auf jeder Etage dem Himmel und den Göttern immer näher kam. Und ganz oben an der Spitze war dann das wichtigste Heiligtum.
Nun hatten die Israeliten in Jerusalem ja selber auch einen Tempel gehabt. Auch der war ein großer und beeindruckender Bau gewesen. Aber in der Bibel wird immer wieder betont, dass so ein Tempel gar nicht ausreicht, um Gott zu fassen. Auch dachte man nicht, dass die Gläubigen mit einem Tempel Gott wirklich näher kommen könnten. Im Gegenteil: Im Alten Testament wurde der Tempel zuerst sehr kritisch gesehen. Gott selber hat sich so einen Tempel weder gewünscht noch für nötig gehalten. Ihm hätte auch weiter ein Zelt mit der Bundeslade gereicht. Aber König David und sein Sohn Salomo wollten unbedingt so einen Tempel bauen. Wahrscheinlich, weil die anderen Könige in der Nachbarschaft auch so ein Ding hatten.
Dazu kam, dass die Babylonier diesen Tempel in Jerusalem ja gerade erst zerstört hatten. Und weit weg in Babylon merkten die Juden außerdem ja gerade: Zu Gott zu beten und Kraft und Hoffnung von Gott zu bekommen, das funktioniert auch hervorragend ohne Tempel.
Ein Tempel, um in den Himmel zu steigen, das erschien den Juden als ein ziemlich dummer Gedanke. Das hielten sie für eine Gotteslästerung. Die Juden in Babylonien behielten also ihre Kultur und ihre Sprache bei. Sicher lernten sie in den Jahrzehnten ihrer Verschleppung dort auch die Sprache der Babylonier. Aber sie gaben ihre Kultur und ihren Glauben nicht auf. Sie grenzten sich ab mit ihren Bräuchen und mit ihren Vorschriften. Anders als die meisten anderen kleine Völker, die von den Babyloniern unterworfen und verschleppt worden waren.
Und tatsächlich zerfiel das Reich der Babylonier irgendwann. Auf Gewalt und Unterdrückung kannst du eben dauerhaft keine Herrschaft aufbauen. Das Reich Babylon wurde von den Persern erobert. Der persische König wollte sich bei seinen neuen Untertanen beliebt machen und ließ die Juden in ihre alte Heimat zurückkehren. Die Babylonier gaben den Glauben an ihre alten Götter auf. Die Stufentempel zerfielen zu Ruinen. Diese Türme doch mal in den Himmel hatten reichen sollen.
Wahrscheinlich wurden wie Israel viele andere ehemals eroberte Länder jetzt zu Provinzen des persischen Reichs. Und wahrscheinlich sprachen sie jetzt nicht auf einmal völlig neue Sprachen. Aber sie lernten persisch. Und sie sprachen wieder in ihren alten Sprachen, die sie vorher benutzt hatten. Bevor die Babylonier gekommen waren. Auf jeden Fall machte es keinen Sinn mehr, jetzt noch Babylonisch zu lernen.
Doch die Geschichte blieb nicht stehen. Nach den Persern kam der griechische Eroberer Alexander der Große. Und danach kamen die Römer. Und so ging es immer weiter. Gott hat die Sprachen der Menschen also nicht durcheinander gebracht.
Aber er hat durch die Geschichte hinweg sein Volk Israel bewahrt, immer wenn es vom Untergang bedroht war.
Und ja – wenn sich die Menschen über Grenzen hinweg verstehen und miteinander sprechen können, dann kann das dem Frieden dienen. Aber wenn ein Staat ein Volk oder eine andere Kultur unterdrückt und ihm seine Kultur und seine Sprache und seine Identität wegnehmen will, dann dient das eben nicht dem Frieden.
Wir erleben das zur Zeit in China bei den Uiguren, in Myanmar bei den Rohingya, eine Zeit lang erging es so den Kurden in der Türkei. Auch die christlichen Kirchen haben in den letzten Jahrhunderten auf diese Weise viel Unheil angerichtet. Als sie in den Kolonien mit der Mission nicht nur den christlichen Glauben in Afrika, Asien und Amerika verbreitet haben. Sondern als sie den Ureinwohnern dort gleichzeitig auch ihre europäische Kultur und Sprache aufgedrückt haben. Und als sie ihnen deren Kultur und Sprache – ihre ganze Identität genommen haben. Als die Missionare dort mit Gewalt die Überlegenheit der europäischen Kultur und Sprachen durchsetzen wollten.
Das Wunder von Pfingsten bedeutet natürlich, dass die Botschaft von der Liebe Gottes in die ganze Welt hinausgeht. Über Sprachgrenzen hinweg. Aber eben nicht wie die Axt im Wald. Oder wie eine Planierraupe, die alles andere niederwalzt und zerstört.
Wir Menschen sind vielfältig und verschieden. Wie wir sprechen, wie wir denken, fühlen und empfinden. Und genau das ist gut und so gewollt. Nicht dass alles gleich gemacht wird, ist das Ziel. Sondern dass wir in Liebe und Verständnis zueinander finden. Nicht mit Gewalt oder Macht oder weil der eine dem anderen überlegen ist. Sondern weil der Geist Gottes uns zusammenführt.
So lerne ich die Sprache des anderen kennen. Respektiere seine Kultur und sogar seinen Glauben, wenn der anders ist. Und ich zeige und erzähle ihm, was mein Leben erfüllt und worauf ich vertraue. Und dann kann der Geist Gottes wirken und uns Menschen zusammenführen in Frieden. Und bei all den vielen und großen Aufgaben, vor der die Welt und vor der die Menschheit steht.
Wir brauchen keine Türme, die in den Himmel reichen. Keine Symbole der Macht und der Herrschaft. Wir brauchen Gott in unseren Herzen. Und wir brauchen diese kleinen, unsichtbaren Brücken von Mensch zu Mensch zu Mensch. Aus Liebe und aus gutem Willen. Dazu gebe Gott uns seinen Geist und seine Kraft. Amen.
Musik nach der Predigt
Fürbittengebet: Lieber Gott. Unsere Welt steht vor großen Problemen. Eine Seuche, die gerade im Süden dieser Erde noch immer ungebremst wütet. Der Klimawandel und die Zerstörung der Natur, gegen die wir alle doch gemeinsam vorgehen sollten. Armut und schreiende Ungerechtigkeit bei so vielen Völkern der Erde. Kriege, Flucht und Vertreibung. Sende uns deinen Geist, damit wir davon erfüllt werden und wir gemeinsam diese Erde zu einem besseren Ort machen. Lasst uns den Herrn anrufen: Herr, erbarme dich.
Lieber Gott. In unseren Städten und Gemeinden sind sich die Menschen auch oft nicht einig. Spannungen, Konflikte und Vorurteile. Gruppen und Parteien, die sich anschreien und bedrohen. Die nicht mehr miteinander reden können. Schicke uns deinen Geist, damit wir einander verstehen und zuhören können. Feindschaft, Angst und Hass überwinden. Neue Freundschaften schließen und den anderen und die Vielfalt als Geschenk wahrnehmen. Lasst uns den Herrn anrufen: Herr, erbarme dich.
Lieber Gott. Wir merken doch bei uns selber, wie starr und vorgefasst unsere Meinungen oft sind. Dass wir uns am liebsten mit denen umgeben, mit denen wir uns sowieso schon einig sind. Schicke uns deinen Geist, damit wir offener und freier werden. Damit wir wie damals die Jünger von deiner Liebe sprechen und andere begeistern können. Dass wir beherzt für unseren Glauben eintreten, ohne andere damit vor den Kopf zu stoßen oder uns über sie zu stellen. Lasst uns den Herrn anrufen: Herr, erbarme dich.
Alle : Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Eine/r: Und nun geht hin im Frieden des Herrn!
Segen: Der HERR segne dich und behüte dich. Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei der gnädig. Der HERR erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden. Amen.
Orgel zum Abschluss
Schon mal einen Menschen mit deinem eingerostetem Schul-Englisch kennengelernt? Oder sich mit Händen und Füßen verständigt? Schon mal erlebt, wie aus Fremden Freunde wurden?
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