Orgel zum Beginn
Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, auf dass alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben. Johannes 3,16
Eine/r: Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Alle: Amen.
Eine/r: Unsere Hilfe kommt von Gott, unserem Herrn, Alle: der Himmel und Erde gemacht hat.
Psalm 22
Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Ich schreie, aber meine Hilfe ist ferne. Mein Gott, des Tages rufe ich, doch antwortest du nicht, und des Nachts, doch finde ich keine Ruhe.
Aber du bist heilig, der du thronst über den Lobgesängen Israels. Unsere Väter hofften auf dich; und da sie hofften, halfst du ihnen heraus. Zu dir schrien sie und wurden errettet, sie hofften auf dich und wurden nicht zuschanden.
Ich aber bin ein Wurm und kein Mensch, ein Spott der Leute und verachtet vom Volk. Alle, die mich sehen, verspotten mich, sperren das Maul auf und schütteln den Kopf: »Er klage es dem HERRN, der helfe ihm heraus und rette ihn, hat er Gefallen an ihm.«
Sei nicht ferne von mir, denn Angst ist nahe; denn es ist hier kein Helfer. Meine Kräfte sind vertrocknet wie eine Scherbe, und meine Zunge klebt mir am Gaumen, und du legst mich in des Todes Staub.
Sie teilen meine Kleider unter sich und werfen das Los um mein Gewand. Aber du, HERR, sei nicht ferne; meine Stärke, eile, mir zu helfen!
Eingangsgebet
Herr Jesus Christus, du hast dich in unsere Hände begeben. Ohnmächtig und verachtet hängst du am Kreuz. Lass uns dein Kreuz erkennen – Als Zeichen einer neuen Welt – Als Zeichen der Gerechtigkeit und Liebe – Als Zeichen der Hoffnung für alle. Alle: Amen
Lied: 85, 1,3,4,9:
O Haupt voll Blut und Wunden, voll Schmerz und voller Hohn,
o Haupt, zum Spott gebunden mit einer Dornenkron;
o Haupt, sonst schön gezieret mit höchster Ehr’ und Zier,
jetzt aber höchst schimpfieret: Gegrüßet sei’st du mir!
Die Farbe deiner Wangen, der roten Lippen Pracht
ist hin und ganz vergangen; des blassen Todes Macht
hat alles hingenommen, hat alles hingerafft,
und daher bist du kommen von deines Leibes Kraft.
Nun, was du, Herr, erduldet, ist alles meine Last;
ich hab’ es selbst verschuldet, was du getragen hast.
Schau her, hier steh’ ich Armer, der Zorn verdienet hat;
gib mir, o mein Erbarmer, den Anblick deiner Gnad!
Wenn ich einmal soll scheiden, so scheide nicht von mir;
wenn ich den Tod soll leiden, so tritt du dann herfür;
wenn mir am allerbängsten wird um das Herze sein,
so reiß mich aus den Ängsten Kraft deiner Angst und Pein!
Lesung: Der Predigttext steht beim Propheten Jesaja im 52. und 53. Kapitel:
Siehe, meinem Knecht wird’s gelingen, er wird erhöht und sehr hoch erhaben sein. Wie sich viele über ihn entsetzten – so entstellt sah er aus, nicht mehr wie ein Mensch und seine Gestalt nicht wie die der Menschenkinder –, so wird er viele Völker in Staunen versetzen, dass auch Könige ihren Mund vor ihm zuhalten. Denn was ihnen nie erzählt wurde, das werden sie nun sehen, und was sie nie gehört haben, nun erfahren.
Aber wer glaubt dem, was uns verkündet wurde, und an wem ist der Arm des HERRN offenbart? Er schoss auf vor ihm wie ein Reis und wie eine Wurzel aus dürrem Erdreich. Er hatte keine Gestalt und Hoheit. Wir sahen ihn, aber da war keine Gestalt, die uns gefallen hätte.
Er war der Allerverachtetste und Unwerteste, voller Schmerzen und Krankheit. Er war so verachtet, dass man das Angesicht vor ihm verbarg; darum haben wir ihn für nichts geachtet. Fürwahr, er trug unsre Krankheit und lud auf sich unsre Schmerzen. Wir aber hielten ihn für den, der geplagt und von Gott geschlagen und gemartert wäre.
Aber er ist um unsrer Missetat willen verwundet und um unsrer Sünde willen zerschlagen. Die Strafe liegt auf ihm, auf dass wir Frieden hätten, und durch seine Wunden sind wir geheilt. Wir gingen alle in die Irre wie Schafe, ein jeder sah auf seinen Weg. Aber der HERR warf unser aller Sünde auf ihn. Als er gemartert ward, litt er doch willig und tat seinen Mund nicht auf wie ein Lamm, das zur Schlachtbank geführt wird; und wie ein Schaf, das verstummt vor seinem Scherer, tat er seinen Mund nicht auf. Er ist aus Angst und Gericht hinweg genommen.
Wen aber kümmert sein Geschick? Denn er ist aus dem Lande der Lebendigen weggerissen, da er für die Missetat seines Volks geplagt war. Und man gab ihm sein Grab bei Gottlosen und bei Übeltätern, als er gestorben war, wiewohl er niemand Unrecht getan hat und kein Betrug in seinem Munde gewesen ist.
Aber der HERR wollte ihn also zerschlagen mit Krankheit. Wenn er sein Leben zum Schuldopfer gegeben hat, wird er Nachkommen haben und lange leben, und des HERRN Plan wird durch ihn gelingen. Weil seine Seele sich abgemüht hat, wird er das Licht schauen und die Fülle haben. Durch seine Erkenntnis wird er, mein Knecht, der Gerechte, den Vielen Gerechtigkeit schaffen; denn er trägt ihre Sünden.
Darum will ich ihm die Vielen zur Beute geben und er soll die Starken zum Raube haben dafür, dass er sein Leben in den Tod gegeben hat und den Übeltätern gleichgerechnet ist und er die Sünde der Vielen getragen hat und für die Übeltäter gebeten. Alle: Amen
Credo
Alle: Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.
Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben, hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters; von dort wird er kommen zu richten die Lebenden und die Toten.
Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.
Lied: 96 1-3,6:
1 Du schöner Lebensbaum des Paradieses, gütiger Jesus, Gotteslamm auf Erden.
Du bist der wahre Retter unsres Lebens, unser Befreier.
2 Nur unsretwegen hattest du zu leiden, gingst an das Kreuz und trugst die Dornenkrone.
Für unsre Sünden musstest du bezahlen mit deinem Leben.
3 Lieber Herr Jesus, wandle uns von Grund auf, dass allen denen wir auch gern vergeben,
die uns beleidigt, die uns Unrecht taten, selbst sich verfehlten.
6 Dank sei dem Vater, unsrem Gott im Himmel, er ist der Retter der verlornen Menschheit,
hat uns erworben Frieden ohne Ende, ewige Freude.
Predigt
Einer der beeindruckendsten Filme, die ich je in meinem Leben gesehen habe ist der Film „Der Elefantenmensch“ von David Lynch. Obwohl dieser Film im Jahr 1980 gedreht wurde, ist er ganz und gar in schwarz-weiß.
Erzählt wird die zum großen Teil wahre Geschichte des englischen Arztes Dr. Frederic Treves und seines Patienten John Merrik, des Elefantenmenschen. Die Geschichte spielt in London im Jahr 1881.
Dort begegnet Dr. Treves auf einem Jahrmarkt John Merrik. Merrik leidet am Proteus-Syndrom. Diese Krankheit führt zu Wucherungen, Tumoren und Entstellungen am ganzen Körper. Merriks Schädel ist abnorm vergrößert, ein Auge unter Schwellungen und Wülsten komplett verschwunden, seine rechte Hand verschwollen und unbrauchbar. Seine Wirbelsäule verkrümmt. Der Körper, besonders der Rücken ist mit Wucherungen übersät. Der Kopf ist so groß, dass John Merrik nur im Sitzen schlafen kann. Würde er liegen, so würde sein Hals so einknicken und ihm die Luftröhre zudrücken, dass er ersticken würde.
John Merrik befindet sich im Besitz eines grausamen Schaustellers. Von ihm wird er geschlagen und gequält. Und er wird in einem Käfig auf dem Jahrmarkt für Geld als Elefantenmensch zu Schau gestellt und von den Zuschauern angegafft. Als menschliches Monstrum, bei dessen Anblick gestandene Männer erbleichen, Kinder vor Angst aufschreien und die vornehmen Damen in Ohnmacht fallen.
Der Film erhöht die Spannung, weil man in der ersten halben Stunde das Äußere von John Merrik gar nicht zu Gesicht bekommt. Man sieht seine verformte Gestalt als Schatten. Man sieht ihn verhüllt mit einem Sack über dem Kopf, mit einem Guckloch drin und einer Mütze obendrauf. Und man sieht den Schrecken im Gesicht der Menschen, die ihn ansehen.
Dr. Treves hat Mitleid mit der missgestaltenen Kreatur. Er sieht in ihm nicht die schreckliche Sensation, sondern einen bejammernswerten Kranken. Dessen Leiden will er erforschen und nach Möglichkeit will er versuchen, es zu lindern.
Er befreit ihn aus den Fängen des trinkenden und gewalttätigen Schaustellers und bringt ihn in einem Hospital unter. Nach Jahren der Misshandlung und Vernachlässigung ist Merrik stumm und vollständig verstört. Deshalb hält Dr. Treves ihn zunächst für schwachsinnig. Ich setze „schwachsinnig“ in Anführungszeichen, weil das das Wort ist, wie man zur damaligen Zeit Menschen mit psychischen Krankheiten oder geistigen Behinderungen nannte.
Im Hospital ist John Merrik also erst mal in Sicherheit. Niemand fügt ihm mehr Schmerzen zu. Er ist gewaschen, wird gut ernährt und hat saubere, ordentliche Kleidung an. Aber eigentlich ist er immer noch nicht viel mehr als eine Sensation. Wenn zwar nicht ein Jahrmarksspektakel, dann doch wenigstens eine Sensation vor dem medizinischen Fachpublikum.
Das ändert sich erst, als Dr. Trewes per Zufall miterlebt, wie John Merrik spricht. Mehr noch: Wie er auswendig den Psalm 23 – Der Herr ist mein Hirte – aufsagt. Als Dr. Trewes erkennt, dass John Merrik ein Mensch mit großem Verstand und ein empfindsamer Geist ist, erkennt er den gefühlvollen, warmherzigen Menschen hinter dem monströsen Äußeren. Ein Mensch mit Verstand und Bildung. Immer mehr Menschen werden von seinem Charme und seinem freundlichen Wesen verzaubert.
Eine gefeierte Schauspielerin rezitiert öffentlich ein Stück aus Romeo und Julia mit ihm. Sogar die Queen Victoria erfährt von seinem Schicksal. Sie schreibt einen wohlmeinenden Brief an John und sorgt so dafür, dass er, so lange er will, in dem Krankenhaus bleiben kann und versorgt wird.
Die Geschichte nimmt noch einmal eine grausame Wendung: In dem Hospital arbeitet ein Nachtpfleger, der nachts heimlich Schaulustige in Merriks Zimmer schleust. Einmal kommt es dabei zu einem Tumult, die Gaffer bedrohen und verhöhnen Merrik. Darunter ist auch der Schausteller, der schon früher den Elefantenmenschen ausgestellt hatte. Er entführt John Merrik, sperrt ihn in einen Käfig, schafft ihn auf den Kontinent, um ihn dort wieder zu schlagen und zu quälen und den Schaulustigen vorzuführen. Mit der Hilfe von Clowns und Artisten kann Merrik fliehen. Er kommt wieder nach England und zu Dr. Trewes.
John Merrik erfährt endlich Respekt und Anerkennung. Als der Doktor mit ihm ein Theaterstück besucht, widmet die Schauspielerin die Vorführung John Merrik. Das ganze Publikum applaudiert und ehrt ihn damit.
Dann aber muss ihm Dr. Trewes mitteilen, dass er Merrik nicht von seiner Krankheit heilen kann. An dem Abend legt sich John Merrik zum Schlafen in sein Bett. Es ist sein größter Wunsch, einmal so schlafen zu können, wie ein normaler Mensch. Während ihm dabei langsam die Luft ausgeht sieht er im Traum das Gesicht seiner Mutter vor sich. Sie hatte ihn, so lange sie lebte immer nur als ihren Sohn angesehen. Nicht als Kranken. Nicht als Monster, sondern als ihren geliebten Sohn.
Der Elefantenmensch – ein Film über die Menschlichkeit.
Warum glauben wir eigentlich, dass ein äußerlich elender Mensch auch innerlich hässlich und verachtungswürdig sein sollte. Warum behandeln die Menschen auf dem Jahrmarkt den Elefantenmenschen so, als wäre er kein menschliches Wesen? Warum wird der leidende Gottesknecht beim Propheten Jesaja zusätzlich zu seinen Krankheiten und Schmerzen auch noch verachtet und verspottet? Warum fügen wir dem Leid, was da ist, so oft noch zusätzliches Leid hinzu? So dass Menschen mit einer Krankheit oder Behinderung oder einer schlimm anzusehenden Verletzung außerdem noch zu Außenseitern werden. Einsam und allein?
Dabei passiert im Predigttext und beim Elefantenmensch das Gleiche: Zuerst sehen die Menschen nur das Äußere. Das Leiden, das schreckliche Schicksal, aber dabei vor allem das, was sie abstößt: So wie der wollen sie nicht aussehen. So wie dem soll es ihnen nicht gehen. Im schlimmsten Fall wollen sie das Elend nicht mildern oder heilen, sondern ganz anders aus der Welt schaffen. Sie verspotten den Elefantenmenschen. Einmal wollen sie ihn fast totschlagen. Und auch gegenüber dem leidenden Gottesknecht: Statt Mitgefühl, wenden sie sich ab. Statt freundlicher Worte, lästern sie noch über ihn.
Nur wer den wahren Menschen hinter dem schrecklichen Anblick erkennt, der merkt, worum es wirklich geht. Um einen freundlichen, empfindsamen Menschen im Film. Für einen treuen und mutigen Diener Gottes im Alten Testament, der für alle anderen die Schuld und die Strafe auf sich nehmen wird. Wir müssen über den ersten, abstoßenden Anblick hinwegkommen, um die Wahrheit zu sehen.
Heute ist Karfreitag. Der Tag, an dem Jesus getötet wurde. Dabei ist wichtig zu wissen, dass es den Feinden von Jesus nie alleine darum ging, ihn zu töten. Dafür hätte man ihn enthaupten, vergiften oder mit dem Schwert erschlagen können. Nein, seine Feinde wollten Jesus öffentlich demütigen und fertig machen. Sie wollten zusammen mit dem Menschen auch sein Ansehen zerstören.
Bevor man Jesus ans Kreuz schlug, hat man ihn mit Knüppeln geschlagen und mit der Geißel ausgepeitscht. Das verursachte unsägliche Schmerzen. Vor allem aber muss der Körper von Jesus danach eine einzige Wunde gewesen sein. Ein blutiger, geschundener Körper. So sah kein König und kein Anführer aus. Niemand zu dem man aufsah. Viel eher einer, von dem man sich abwendete.
Dass sie ihm dazu eine Dornenkrone aufsetzten, das sollte ihn zusätzlich lächerlich machen.
Dazu dann die Kreuzigung. Das war eine besonders grausame und erniedrigende Strafe. Eigentlich den besonders üblen Verbrechern und den Sklaven vorbehalten. Was hatten die Römer für ein Interesse daran, Jesus so hart zu bestrafen? Da gab es die Hohenpriester vom Tempel, die irgendein spitzfindiges theologisches Problem mit Jesus hatten. Aber das war den Römern doch egal. Aber sie fürchteten, Jesus könnte das Volk in einem Aufstand anführen. Jesus hatte Charisma, er hatte Ausstrahlung, er war bei vielen Menschen beliebt. Und genau das sollte mit der Kreuzigung ein Ende haben. Am Kreuz starb man in der Regel einen langen, elenden, quälenden Tod. Das war ein Sterben, das sich über Tage hinziehen konnte. Nackt, mit Blut, Kot und Urin. Ausgestellt vor Gaffern und vor Schaulustigen.
Wenn Jesus mal eine angesehene, respektierte Persönlichkeit gewesen sein mochte – nach der Kreuzigung würde sich keiner mehr daran erinnern. Die Menschen würden nur noch diesen jämmerlichen Tod vor Augen haben. Das war das, was man auf Golgatha, auf dem Richtplatz, der Schädelstätte zu sehen bekam. So rechneten die Römer.
Und die Rechnung schien ja aufzugehen. Ein einziger Jünger traute sich noch zu Jesus hin, als er am Kreuz zum Sterben hin. Und drei mutige Frauen. Sonst gab es da keinen auf Jesus Seite. Die anderen hielten sich versteckt, hatten sich verkrochen oder dachten sich: „Wir haben uns wohl getäuscht in Jesus. Wir sind also dem Falschen nachgelaufen.“
Es muss ein schrecklicher Anblick gewesen sein – Jesus da am Kreuz. Der, den du bewundert hattest. Der, von dem du jedes Wort aufgesogen hast. Dem du so viel zugetraut hattest. Ein blutiger, schwacher, erlöschender Körper, mitten unter seinen übermächtigen Feinden.
Und dieser Augenblick hätte eigentlich das Ende sein müssen. Klarer kann man nicht unterliegen. Und deutlicher konnten die anderen gar nicht triumphieren. Die Jünger hätten wieder nach Hause gehen müssen. Reumütig und mit hängenden Köpfen. Wie welche, die einem dummen Traum nachgelaufen sind. Und die dann plötzlich aufwachen und erkennen, was wirklich los ist. Keiner hätte sich mehr für Jesus begeistern können. Oder für das, was er gesagt oder gepredigt hat. Denn wie soll das eine gute oder sogar eine frohe Botschaft sein, wenn du damit so einen Tod sterben musst? Unvorstellbar.
Also muss noch was passieren, was alles ändert. Dr. Trewes hört den Elefantenmenschen „Der Herr ist mein Hirte…“ beten. Und er erkennt den fühlenden, empfindsamen Menschen hinter dessen grauenvollen Anblick. Beim Propheten Jesaja ist es die Offenbarung von Gott, die ihm zeigt, was hinter dem Elend des leidenden Gottesknechtes steckt. Und bei Jesus ist es das Wunder von Ostern. Die Auferstehung des getöteten Jesus von den Toten.
Aber was bringt das alles? Warum muss der Gute hinter dem Schrecklichen zuerst verborgen sein? Der Film „Der Elefantenmensch“ lehrt uns, was Menschlichkeit wirklich ist. Eine Frage des Herzens und nicht der Haut oder der Gestalt. Beim leidenden Gottesknecht geht es darum, dass gerade der Hässliche und Geschlagene von Gott ausgewählt sein kann. Dass gerade der den scheinbar Gesunden und gut Lebenden zum Erlöser und Erretter werden kann. Und bei Jesus? Schon die ersten Christinnen und Christen haben in Jesus den leidenden Gottesknecht von Jesaja wiederentdeckt. Das half ihnen gegenüber den Griechen und den Römern, für die das Göttliche ja immer schön und mächtig und erhaben sein sollte. Ihr Erwählter und ihr Auserwählter konnte immer schon geschlagen und jämmerlich aussehen. Was einen Römer da beindruckt hätte, das brauchte einen Juden nicht zu kratzen. Und umgekehrt. Der Leidende am Kreuz könnte in Israel dennoch der Messias sein. Jesaja hatte das schon vorgedacht.
Aber was jetzt neu war: Mit Jesus hing doch gleichzeitig auch Gott an diesem Kreuz. Nicht nur der Knecht Gottes, sondern zugleich Gott selbst. Und das rückte Gott in den Augen der Christen auf einmal noch viel mehr auf die Seite der Armen und der Elenden.
Gott hatte gezeigt, dass er sich für nichts und niemanden zu schade ist. Das er sogar das Schicksal Ärmsten der Armen teilt. Den Sklaventod am Kreuz. Die Folter. Die Verachtung. Und so strahlte der Gott der Christen zuallererst bei den Armen und Unterdrückten. Der Glaube an diesen geschundenen und erniedrigten Gott, war eine Hoffnung für alle, die sonst nicht viel zu hoffen haben. Für die Unterdrückten und Ausgestoßenen. So waren es zuerst vor allem die Sklaven, die unterdrückten Frauen und die kleinen Leute, die in den Städten der Heiden in die Gemeinden fanden. Und die mit dem Glauben zugleich ihre Würde und ihre Freiheit fanden.
Und für uns, die Kirche heute ist es eine Mahnung und eine Verpflichtung: Die Kirche hat es weit gebracht. Und dabei irgendwann auch weit nach oben. Ich weiß gar nicht, ob das so richtig ist. Denn Gott erkennst du am besten nicht da oben, sondern ganz unten. Wo die Schwachen leben, die von den Starken verachtet werden. Die Armen, über die die Reichen hinweggehen. Die Unansehnlichen und Verachteten über die wir – seien wir mal ehrlich – doch oft auch mal die Nase rümpfen. Da unten werden die ehrlichsten Gebete gesprochen. Da wird am dringlichsten gefleht. Da wird gehofft auf den guten Hirten, den Sucher der verlorenen Schafe, meinen Retter im finsteren Tal. Und so ein Gebet, das ändert alles. Amen.
Der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.
Kerzen auspusten
Orgel nach der Predigt
Gebet:
Wir stehen jetzt unter deinem Kreuz.
Du gehst den Weg des Opfers und des Leidens.
Du verzichtest auf Macht und lässt dich hineinziehen in das Elend und die Not unseres Lebens.
So willst du uns retten. So willst du uns freimachen. Amen.
Alle : Vater unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel, so auf Erden.
Unser tägliches Brot gib uns heute.
Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern.
Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen.
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.
Eine/r: Und nun geht hin im Frieden des Herrn!
Segen:
Der HERR segne dich und behüte dich. Der HERR lasse sein Angesicht leuchten über dir und sei der gnädig. Der HERR erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden. Amen.
Orgel zum Abschluss
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