Eins ist für die alte Frau ganz klar: Garten muss sein. Nicht unbedingt mit Blumen und schönen Pflanzen. Nein. Ein Garten, um Kartoffeln, Möhren, Zucchini, Gurken, Zwiebeln und auch Obst anzubauen. Ohne Garten geht nicht. Geht gar nicht. Und selbst als sie selber nicht mehr graben konnte, da konnte sie doch immer noch sagen, wie was zu pflanzen, zu pflegen und zu ernten sei. Das steckt tief drin. Ganz tief. Selbst Tochter und Schwiegersohn bauen weiter an. Sie ernten, wecken ein, obwohl es viel zu viel ist. Obwohl sie mit ihrem eigenen Sohn, mit Schwiegertochter und Enkeln gar nicht mehr alles aufessen können. Vielleicht auch nicht mehr aufessen wollen. Denn das hatte sie gelernt: Wer einen Garten hat, wer sich selbst mit Lebensmitteln versorgen kann, der überlebt. Wer keinen Garten hat, der muss hungern. Vielleicht sogar verhungern. Und gehungert hat sie, damals, in jungen Jahren, nach dem zweiten Weltkrieg, in der schwere Zeit. „Der Herr ist mein Hirte. Mir wird nichts mangeln.“ Diese Worte aus Psalm 23 hatte sie im Konfirmandenunterricht gelernt. Aber das hieß ja nicht, die Hände in den Schoß zu legen und abzuwarten. Sondern das meinte, die eigenen Möglichkeiten zu nutzen, die eigenen Kräfte, das Wissen, das sie von den Eltern übernommen hatte. Zupacken statt warten. Tun, was nötig ist. Und das hat sie getan. Ihr Leben lang. Und dann Gott gedankt, für alles was möglich war. Und für das Gute, das sie erlebt hat: Dass sie überlebt hat. Dass sie einen guten Mann hatte und liebe Kinder. Dass sich Menschen um sie gekümmert haben, als sie alt war. Dass sie mitten dabei bleiben durfte. „Sage nicht, ich bin zu jung!“, sagt Gott zu einem jungen Mann, der einmal einer der großen Menschen der Bibel werden sollte. Ich kann nicht, gilt nicht, meint das. Du kannst mehr, als du denkst. Und ich, Gott, bin dabei, wenn du loslegst, auch wenn dir die Aufgabe jetzt zu groß erscheint. Von diesem Mann, Jeremia mit Namen, erzählt der morgige Sonntag. Vielleicht ist es ja ganz gut, manchmal so einen Stups zu bekommen, damit wir wirklich loslegen. Das geht nicht immer gut. Das gelingt nicht immer. Aber wohl öfter, als wir manchmal denken. Die alte Frau hat damals losgelegt. Und ihr Leben lang weiter gemacht. Und war zufrieden damit. Konnte sich freuen an dem, was ihr geschenkt war, was sie mit aufgebaut hatte.
Worte der Besinnung zum 9. Sonntag nach Trinitatis am 9. August
Klaus-Markus Kühnel
Pastor in Dannenberg