Ein kleines Licht am 7. Juli

von Heike Sieberns; Vikarin in Damnatz, Langendorf und Quickborn

Verliebt. Verlobt. Verheiratet…

…Verunsichert. Verängstigt. Verletzt. 

Die internationale Frauenbewegung Ende der 1960er Jahre machte die Gewalt an Frauen zum öffentlichen Thema. Dabei kamen nicht nur Frauen in den Blick, die allein auf sich gestellt waren, sondern auch die, die in Ehe und Partnerschaft lebten. Es waren jene, die angeblich ein gutes und sicheres Leben hatten.

Erin Pizzey hatte in London begonnen, Frauen zu beraten, die unter häuslicher Gewalt litten. Ihre Beratung war so stark gefragt, dass sich daraus eines der ersten Frauenhäuser gründete. Diese Häuser waren keine Heime für unselbstständige Frauen. Sie waren als Wohnraum konzipiert, in dem selbstbestimmtes Leben ermöglicht werden sollte. Frauenhäuser wollen Frauen und ihre Kinder vor der Gewalt der Partner schützen und ihre Selbstbestimmung wiederherstellen. Frauen, die dort einziehen, entscheiden selbst, wann sie wieder gehen wollen. Heute arbeiten Sozialarbeiterinnen und Psychotherapeutinnen mit den Frauen und Kindern. Die Frauen einer Hausgemeinschaft können ihre Erlebnisse miteinander teilen, verarbeiten und neue Lebensperspektiven entwickeln. Dabei geht es manchmal auch erstmal nur um Fragen der Existenzsicherung, Scheidung und das Sorgerecht für die Kinder.

Vor 44 Jahren gründete sich am 7. Juli das erste deutsche Frauenhaus in Berlin. Bald folgten weitere Häuser in anderen Städten. Zu Beginn der Frauenhäuser wurde die Gewalt gegen Frauen als Problem der jeweiligen einzelnen Frau betrachtet. Die Frauen sahen sich daher häufig nicht nur als Opfer einer Schandtat. Es plagten sie Schuldgefühle und Versagensängste. Er später wurde die Tragweite der gesellschaftlichen Dimension deutlich.

Vor 44 Jahre… das ist noch nicht lange her…
Vorher mussten Frauen andere Wege gehen, wenn sie ein Leben ohne Mann bestreiten wollten.

Eine Möglichkeit war das Leben als Diakonisse. Ganz nach dem biblischen Vorbild der Phobie von Kenchreä setzten sie das Wort Christi in die Tat um. Diese Frauen entschieden sich für eine evangelische Lebens- und Dienstgemeinschaft; ähnlich wie Nonnen in Klöstern. Sie bekamen eine gute Ausbildung als Krankenpflegerin, Gemeindeschwester, Erzieherin oder Lehrerin und widmeten sich ganz ihrer Berufung.

Einem Beruf nachzugehen, war für Frauen im 19. Jahrhundert nicht selbstverständlich. Als Diakonisse verpflichteten sie sich einem einfachen Lebensstil, der Ehelosigkeit und dem Gehorsam. Damit waren die ledigen Frauen sozial abgesichert und den verheirateten Frauen gleichgestellt. Dieser Statuswechsel bot ihnen in der Gesellschaft eine Schutzfunktion. Sie trugen keinen Ehering, sondern ihre schwarzen Kleider, Schürze und weiße Haube. Als Diakonisse wurden die Frauen geachtet.

Die Emanzipation hat dazu beigetragen, dass sich die Diakonissengemeinschaften verändert haben. Die gesellschaftliche Anerkennung der Ehelosigkeit machten ihr Versprechen und die Tracht überflüssig. Auch das Leben in solchen Gemeinschaften war nicht länger notwendig. Frauen konnten berufstätig werden und ihr Leben alleine bestreiten.

https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/gemeinsam-gegen-gewalt-an-frauen-1551908

Das allein ist jedoch keine Garantie für ein gutes, geachtetes Leben. Auch wenn häusliche Gewalt nicht allein Frauen, sondern auch Männer trifft, ist die Zahl der Frauen vielfach höher. Auf dem Weg zur Emanzipation müssen Frauen begleitet werden. Ein Weg, der schon einige Jahrzehnte dauert und vermutlich noch einige vor sich hat. Deshalb ist es wichtig, dass es Häuser gibt, deren Adresse unbekannt ist. Wo sich Frauen zurückziehen können und in Sicherheit wissen.

Hilfe für Frauen:
https://www.frauenhauskoordinierung.de/hilfe-bei-gewalt/frauenhaussuche/

Hilfe für Männer: http://www.maennerhaeuser.de
Ja, seit 2017 gibt es auch Männerhäuser. Es hat lange gedauert, aber inzwischen gibt es erste Initiativen, um auch Männern einen Schutzraum zu bieten. Leider sind diese Häuser bisher nur sehr vereinzelt zu finden, aber es gibt sie.

Das hundertundzwölfte kleine Licht.
Bleiben Sie behütet.
Ihre Vikarin Heike Sieberns

 

Das “kleine Licht” erscheint jeden Abend auf der Startseite von Evangelisch-im-Wendland.de und auf der Homepage der Kirchengemeinden Damnatz, Langendorf und Quickborn. Sie können diese Andacht, diesen Impuls oder Gedanken gut in ein Abendgebet einbauen. In Damnatz, Langendorf und Quickborn läuten dazu jeden Abend, außer am Wochenende von 19.15 bis 19.20 Uhr die Glocken. Für das Abendgebet können Sie eine Kerze anzünden. Die Kerze können Sie danach um 19.30 Uhr auf ein Fensterbrett in Richtung Straße stellen. Das ist ein Zeichen der Hoffnung, dass sich zur Zeit ganz viele Menschen in Lüchow-Dannenberg gegenseitig geben.

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