Wenn ich mir die Nachrichten aus der Weltpolitik in den letzten Wochen so ansehe, fällt es mir schwer, nicht völlig zu verzweifeln. Nicht, dass es davor nicht auch schon an vielen Ecken und Enden gebrannt hätte. Aber ich hatte zumindest das Grundvertrauen, dass man sich bei allen unterschiedlichen Prioritäten und Lösungsvorschlägen trotzdem wenigstens über das Problem verständigen konnte. Zwei plus zwei bleiben halt immer vier, egal ob man Zweien und Vieren mag oder nicht.
Noch sind wir nicht in George Orwells düsterer Vision aus seinem Roman „1984“, wo zwei und zwei dann fünf ergeben, weil es der „Große Bruder“ so will. Aber was, wenn solche Gewissheiten dennoch in Frage gestellt werden?
Klar, man kann (und muss manchmal) über die Sinnhaftigkeit von Ideen und Vorschlägen streiten und von mir aus auch unkonventionellen Ideen Raum geben, um zu einem guten Ergebnis zu kommen – ganz gleich, ob es um die Ukraine, um Israel und Palästina oder um Freiheit und Demokratie in unserem eigenen Land geht. Aber was soll man tun, wenn dabei Opfer zu Tätern und Täter zu Opfern werden?
Auf eine Art und Weise bedrückt und beruhigt es mich zugleich, dass es dieses Problem schon vor mehreren Jahrtausenden gab: Schon damals warnte der Prophet Jesaja eindringlich vor denen, „die Böses gut und Gutes böse nennen, die aus Finsternis Licht und aus Licht Finsternis machen“, und besonders auch vor denen, „die den Schuldigen gerecht sprechen für Geschenke und das Recht nehmen denen, die im Recht sind“.
Man könnte denken, dass wir es nicht weit gebracht haben, wenn Jesajas Warnungen immer noch so aktuell sind. Aber gleichzeitig erinnern sie uns auch daran, dass uns das, was wir seitdem zweifelsohne erreicht haben, nicht einfach in den Schoß gefallen ist. Sondern dass es immer wieder Menschen gab, die mutig und beherzt dafür eingetreten sind. Und wenn es in unserem Umfeld gerade niemand anders macht, dann ist es hier und heute vielleicht an uns persönlich, dafür einzutreten, dass Gutes gut und zwei und zwei vier bleibt.
Frederik Holst
Diakon aus Kolborn