Ein kleines Licht am 27. April

Thomas packt‘s an

Montags ist Pastorensonntag. Deshalb gibt es wieder etwas Aufgewärmtes: Eine Radioandacht vom 25. August 2011. Sie lief in der Reihe Himmel und Erde auf Radio NDR1 Niedersachsen. Gerade auf diese Andacht gab es damals eine Reaktion beim Hörertelefon, die mich sehr froh gemacht hat. Der Leiter einer Selbsthilfegruppe der anonymen Alkoholiker fragte, ob er die Geschichte bei seinem nächsten Treffen vorlesen dürfte. Es hatte mich sehr gefreut, dass ich in der Andacht offensichtlich den richtigen Ton getroffen und keinen Quatsch erzählt hatte.

Hier können Sie den Text hören und darunter können Sie ihn noch mal lesen:

      Titelnummer 19 - Jörg

Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen.“

Thomas hat feuchte, zittrige Hände und muss seinen ganzen Mut zusammen nehmen. Er steht vor der Tür des Büros vom Chef. Thomas hat schon eine ganze Menge ausgefressen, auch schon etliches verbockt und musste dafür gerade stehen. Aber so wie jetzt hat er sich noch nie gefühlt. „Herein!“

Schon seit 17 Jahren arbeitet Thomas bei Firma Liepert und Söhne, hat bei dem Alten angefangen und arbeitet jetzt bei den beiden Jungen. Und jetzt steht alles auf dem Spiel, fürchtet Thomas jedenfalls.

Kai Liepert kontrolliert am Computer gerade den Warenbestand und schickt neue Bestellungen auf den Weg. „Was gibt es denn, Herr Kremp?“ Thomas hält seinen Zettel in der Hand. Genauer, nervös wie er ist knickt und knüddelt er ihn, dass das Papier schon langsam ganz und gar weich geworden ist.

Ich bin …“, sagt er, „Ich habe …“ Die Worte fehlen ihm. „Ich werd´ wohl ab Oktober drei Monate nicht da sein“, sagt er. „Ich geh auf Kur.“ Kai Liepert sieht ihn an. „Es ist wegen …, ich hab´ Last mit … Es ist wegen meiner Sauferei.“ So, nun ist es raus.

Thomas hat es lange nicht gesehen und es ebenso lang nicht wahrhaben wollen, dass er sich nicht mehr im Griff hatte. Monika, seine Frau, hatte noch dafür gesorgt, dass er jeden Morgen rechtzeitig zur Arbeit kam und dass er ganz passabel aussah. Und als Säufer kennst du immer einen, der mehr trinkt als du und der dann der Alkoholiker ist und nicht du.

Aber für Monika und die Kinder zählten diese anderen Alkoholiker nicht. Für sie zählte nur Thomas. Und dass es so nicht mehr weitergeht. Ihre Geduld war am Ende. Thomas hatte versprochen, aufzuhören und dann heimlich getrunken. Und Monika hatte ihn erwischt. „Entweder du tust was oder ich bin weg mit den Kindern. Am ersten September bin ich weg, wenn nichts passiert.“ Der Arzt hat Thomas auf den Kopf zugesagt, dass er süchtig ist.

Der Arzt riet zu einer Therapie. Raus aus allem, das Leben neu aufbauen. Thomas zögerte. Würden dann nicht alle wissen, was mit ihm los ist? Was würde sein Chef sagen?

Und jetzt steht er da, vor seinem Chef Kai Liepert und weiß nicht, was gleich passiert. „Respekt“, sagt der, „das wird ein harter Weg. Gut, dass Sie ihn gehen. Werden Sie gesund und dann kommen Sie wieder.“ Als Thomas den Bescheid vom Arzt herüber reicht, kommen ihm fast die Tränen. Ein neuer Weg fängt heute an. Und Thomas wird ihn gehen.

Mit meinem Gott kann ich über Mauern springen.“

Das einundvierzigste kleine Licht.

Bleiben Sie gesund oder werden Sie gesund.

Ihr Pastor Jörg Prahler

PS: Finanzielle Probleme, Angst um die Arbeitsstelle, Schwierigkeiten mit der häuslichen Isolation … Es gibt im Augenblick viele Faktoren, die es Menschen mit einem Suchtproblem oder einer Suchtgefährdung besonders schwer machen. Wenn Sie merken, dass Sie Probleme haben oder wenn Sie merken, dass Ihr Partner oder Ihre Partnerin Probleme hat – holen Sie sich Rat und Hilfe. Gerne stehe ich als Pastor dazu bereit (05865-244). Eine kostenlose und anonyme Beratung bei allen Problemen erhalten Sie bei der Telefonseelsorge unter 0800- 1 11 01 11 oder 0800- 1 11 02 22. Sein Sie stark und holen Sie sich Hilfe.

Das “kleine Licht” erscheint jeden Abend auf der Startseite von Evangelisch-im-Wendland.de und auf der Homepage der Kirchengemeinden Damnatz, Langendorf und Quickborn. Sie können diese Andacht, diesen Impuls oder Gedanken gut in ein Abendgebet einbauen. In Damnatz, Langendorf und Quickborn läuten dazu jeden Abend von 19.15 bis 19.20 Uhr die Glocken. Für das Abendgebet können Sie eine Kerze anzünden. Die Kerze können Sie danach um 19.30 Uhr auf ein Fensterbrett in Richtung Straße stellen. Das ist ein Zeichen der Hoffnung, dass sich zur Zeit ganz viele Menschen in Lüchow-Dannenberg gegenseitig geben.

Meine Oma hat aber gar kein Internet”? Aber du! Es ist ausdrücklich erlaubt, diese Beiträge auszudrucken, zu verschicken, zu teilen oder zu verlinken. Gebt sie gerne an alle weiter, die sich darüber freuen und vor allem an die, die sonst keine Zugang dazu hätten.

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