Die Nachricht von der Freilassung der Geiseln und dem Schweigen der Waffen in Gaza erfüllt mich mit großer Erleichterung. Ein Lichtblick in einer Landschaft, die von Trümmern, Tränen und unzähligen Toten gezeichnet ist. Und zugleich kommt da eine schwere Frage auf: Wie kann nach all dem, was war, überhaupt noch Frieden sein?
Ich gebe zu: Manchmal fehlt mir die Hoffnung. Zu oft haben wir gesehen, wie Gewalt auf Gewalt folgt, wie Schmerz neue Mauern errichtet. Wie sehr hat sich das Denken in Feindbildern festgefahren, auf beiden Seiten? Schon alleine die Frage, wie um welche Opfer getrauert wird, vertieft oft Gräben anstatt Brücken zu bauen. Wer sieht da noch den Menschen hinter dem Etikett „Feind“?
In der Bergpredigt sagt Jesus: „Selig sind, die Frieden stiften; denn sie werden Gottes Kinder heißen“ (Matthäus 5,9). Nicht: Selig sind die, die recht haben. Auch nicht: Selig sind die, die gesiegt haben. Sondern: die Frieden stiften. Das klingt nach aktivem Tun, nach einem Prozess – nicht nach einem Zustand, der plötzlich vom Himmel fällt. Frieden muss man wagen, man muss Mut dazu haben. Und ja: Er wird oft auch eine Zumutung sein. Für diejenigen, die Unrecht erfahren haben oder die ihre Wut rechtfertigen wollen.
Aber der Blick Jesu stellt etwas anderes in den Mittelpunkt: den Menschen als Geschöpf Gottes, nicht seine Nationalität. Den Schmerz, nicht seine politische Deutung. Die Hoffnung, nicht den Hass. Daraus kann man den Mut gewinnen, den ersten Schritt zu tun, auch wenn der Weg ungewiss ist.
Es ist leicht, das als naiv oder illusorisch wegzuwischen. Aber egal, ob in der Weltpolitik oder bei uns am Küchentisch: Wenn wir anfangen, den Blick zu schärfen für das, was den anderen bewegt – und nicht nur für das, was uns stört –, dann kann selbst aus einem Konflikt heraus etwas Neues wachsen. Denn gelebter Frieden beginnt nicht in Konferenzsälen, sondern zwischen Mensch und Mensch: in der Familie, unter Nachbarn und manchmal sogar dort, wo tiefe Verletzungen bestehen. Wenn wir das trotz aller Enttäuschungen nicht aufgeben, dann ist das vielleicht genau der Schritt, den es jetzt braucht, um wieder zueinander zu finden – im Kleinen wie im Großen.
Frederik Holst
Diakon aus Kolborn
