Unerwartet

Worte der Besinnung zum Sonntag Invokavit – EJZ am 20.2.2021 von Klaus-Markus Kühnel, Pastor in Dannenberg
Ich staune immer noch. Besser gesagt: Ich staune immer wieder. Und ich bin berührt, wenn ich es sehe.
Da ist etwas geschehen, das ich nie erwartet hätte. Etwas, nach dem es vor sieben Monaten überhaupt nicht ausgesehen hat. Da flogen nämlich die Fetzen. Da gab es lautes Fauchen. Und scharfe Krallen versuchten das Gegenüber zu treffen, klein zu machen, zu vertreiben.
Meine Frau und ich dachten damals: Das wird nie etwas! Die werden sich nie vertragen. Die Katze wird nie Frieden mit dem Welpen schließen, den wir gerade von der Züchterin abgeholt hatten!
Und jetzt? Jetzt geht dieselbe Katze, die damals fauchend um sich geschlagen hat, auf die Hündin zu und gibt Köpfchen. Sie reibt ihren Kopf an der Hündin. Und lässt sich von ihr abschlecken. Kaum zu glauben.
Wie konnte das passieren?
Vielleicht liegt es an der Beharrlichkeit, mit der die junge Hündin immer wieder auf die Katze zugegangen ist. Sie hat sich nicht vom Fauchen und den Schlägen abschrecken lassen. Sie hat nicht aufgegeben.
Vielleicht geht es tatsächlich nur so. Vielleicht kann am Ende Hass und Gewalt nur dadurch aufgebrochen werden, dass einer sich beharrlich zuwendet. Dadurch, dass einer nicht aufhört, Kontakt zu suchen, nicht davon ablässt, freundlich zu sein.
Morgen ist der erste Sonntag der Passionszeit. Diese Zeit erzählt davon, dass Gott nicht aufgibt. Sie erzählt davon, dass Gott bereit ist, Schläge und Tod einzustecken, um Hass und Gewalt zu beenden.
Meistens sieht es so aus, als ob dieses Vorhaben mit uns Menschen nicht gelingen kann. Aber wenn ich die Katze und unsere Hündin sehe, wächst in mir Hoffnung. Und mir fallen wieder Situationen ein, in denen es auch Menschen gelungen ist, Hass zu überwinden.